Dienstag, 3. Juni 2008

36. Istanbul Musik Festival

Die Istanbuler Stiftung für Kultur und Kunst IKSV, Trägerin des renommierten "Internationalen Istanbul Musik Festival", hat nun das Programm für die vom 6. bis zum 30. Juni stattfindende 36. Auflage der Veranstaltung bekannt gegeben. mehr...

Türkische Pixel-Kunst

Das künstlerische Bestreben, piktorale Motive allein anhand des Setzens von Pixeln mittels Programmen wie z.B. "MS Paint" zu generieren wird folgerichtig "Pixel Art" genannt. Beim Social-Bookmark-Dienst Mr. Wong kann man z.B. das höchste Pixel-Gebäude der Welt bestaunen, zu dem jedes Stockwerk von einem anderen Künstler beigetragen wurde. Natürlich gibt es auch Superhelden, bzw. "Microheroes" im Pixelformat. Der türkische Pixel-Künstler neovit hat bei deviantart nun eine verpixelte Version des Jungfrauenturms verfügbar gemacht.



Kiz Kulesi - Maiden's Tower by ~neurovit on deviantART


Einfach auf das Thumbanil klicken, und schon fühlt man sich wie in Istanbul... mehr...

Wer war Mazhar Şevket İpşiroğlu?

Mazhar Şevket İpşiroğlu war niemand Geringeres als der Begründer der modernen Kunstgeschichte in der Türkei. Der 1908 geborene Kunsthistoriker wäre am 5. Mai 2008 100 Jahre alt geworden.

Das Kulturzentrum der Yapi Kredi Bank auf der Istiklal Caddesi in Beyoglu veranstaltet anlässlich dieses Datums am Donnerstag, den 12. Juni um 18.30 Uhr ein Podiumsgespräch, an dem Necmi Sönmez, Prof. Dr. Suat Gezgin und Prof. Dr. Ayla Ödekan als Redner teilnehmen werden. In dem Gespräch soll nicht nur İpşiroğlus Beitrag zur Kunstgeschichte, sondern auch seine eminent wichtige Funktion für die Gattungen Film, Fotografie und Malerei gewürdigt werden, ohne die die türkische Moderne wohl eine andere wäre.

Interessierte können unter +90 (0) 212 252 47 00 weitere Infos erfragen. mehr...

Omega für Lambda?

Der Istanbuler Ortsverein des türkischen Vereins für die Wahrung der Rechte und Interessen von Schwulen und Lesben "Lambda" ist von der Schließung bedroht.
Das Istanbuler 5. Strafgericht hat auf einen Antrag des Gouvernats der Region Istanbul hin die Schließung des Vereins verfügt. Die Verantwortlichen von LambdaIstanbul haben Berufung angekündigt.

Das Gouvernat hatte die Schließung mit der Begründung gefordert, dass der Zweck des Vereins gegen akzeptierte gesellschaftliche Normen verstoße. Weiterhin wurde geltend gemacht, dass der Name "Lambda" keine türkische Entsprechung habe. Während die Istanbuler Staatsanwaltschaft das Verfahren nicht aufnehmen wollte und auf diverse von der Türkei unterzeichnete Abkommen zu Menschenrechten, Vereinigungsfreiheit, Meinungsfreiheit und Abkommen mit der EU verwies, verfügte das Gericht die Aufnahme des Verfahrens. Die Staatsanwaltschaft wies ferner darauf hin, dass die Begriffe "Gay/Schwul" und "Lesbisch" sich mittlerweile fest im türkischen Sprachgebrauch etabliert hätten und darüber hinaus auch im wissenschaftlichen Bereich ganz normal gebraucht würden. mehr...

Eigentor nach israelischen Zuckerpass?

Die Washington Post hat einen Beitrag des Kolummnisten David Ignatius veröffentlicht, in dem er der Supermacht USA entscheidende Machtverluste am Beispiel der durch die Türkei vermittelten israelisch-syrischen Friedensverhandlungen attestiert.

So sei der Bush-Administration der türkische Vermittlungskanal suspekt gewesen, doch Israel habe in diesem Punkt Realpolitik betrieben und versucht, Spannungen zwischen Syrien und der Hisbollah auszunutzen sowie einen Keil zwischen Syrien und den Iran zu treiben. Die Bevorzugung der Türkei als vermittelnde Instanz sei gleichzeitig eine Stärkung und Aufwertung der Türkei in der Region, insbesondere gegenüber dem Iran.

Leider wird in keinem der angesprochenen Länder so wenig Kapital aus der fast schon historischen Leistung der türkischen Pendeldiplomatie gezogen wie in der Türkei, da sich die politische Kaste fast ausschließlich auf das anstehende Urteil im Verbotsverfahren gegen die AKP konzentriert. mehr...

Das neue Gesicht des Islam

Christopher Dickey und Owen Matthews haben für die US-amerikanische Zeitschrift Newsweek einen Beitrag mit dem Titel "Das neue Gesicht des Islam" verfasst, in dem sie der theologisch dürftigen Perspektive eines Islam nach Lesart Osama bin Ladens ein Publikationsprojekt der Theologischen Fakultät der Universität Ankara entgegenstellen.

Neben dem Koran bilden die gesammelten Sprüche des Propheten Mohammed sowie Erzählungen über seine Lebensführung unter dem Namen "Hadith", bzw. "Hadis-i Serif" eine zweite Leitlinie für jeden Moslem. Die Hadithen werden einer fortlaufenden Exegese unterzogen, die für die praktische Lebenswelt der Moslems eine nicht zu unterschätzende Bedeutung hat. Das Ankaraner Projekt, für das ca. 170.000 Texte zur Auswertung gesammelt wurden, will die Hadithen nun den heutigen Lebensumständen anpassen, die Exegese gewissermassen hermeneutisch neu justieren. Erklärtes Ziel ist es, die Interpretation der Schriften mit Demokratie, Menschenrechten, Frauenrechten und anderen universellen Werten in Übereinstimmung zu bringen. Der Theologe Mehmet Görmez erklärt in dem Beitrag, dass z.B. das Hadith, wonach es einer Frau untersagt sei, allein zu reisen, im heutigen Saudi-Arabien als Begründung dafür dient, den Frauen das Autofahren zu verbieten. Man müsse solche Schriften jedoch kontextualisieren, und könne somit durchaus zu dem Schluss kommen, dass in der Entstehungszeit des Hadith eher die mangelnde Sicherheit der Frauen vor Überfällen gemeint sei. Schließlich lägen andere Schriften vor, wonach Mohammed sich nach der Zeit zurückgesehnt habe, in der Frauen noch allein reisen konnten.

Laut Dickey und Matthews lehnten die beteiligten Theologen jedoch den Begriff der Reformation ab. Es befände sich kein Luther unter ihnen und Thesen würden auch nicht an die Tür genagelt. Die BBC, der Guardian und die Financial Times hatten bereits im Februar 2008 von dem Projekt berichtet, diese Meldungen wurden seinerzeit jedoch vom Amt für religiöse Angelegenheiten dementiert. Die Veröffentlichung der türkischen Lesart der Hadithen soll noch Ende diesen Jahres beginnen. mehr...

Freiheit á la carte

Soner Cagaptay, Leiter der Abteilung für Türkeistudien des think tank "The Washington Institution", hat für die Jane´s Information Group, welche die Jane´s Defense Weekly herausgibt, einen Bericht über die Türkei verfasst, in dem er der AKP-Regierung vorwirft, die von der EU geforderten Freiheiten bei ihrer Umsetzung wie ein A-la-carte-Menü zu betrachten, von denen man sich einige aussuchen könne, andere wiederum nicht.

Dabei stellt Cagaptay fest, dass insbesondere die Bereiche Alkohol und Frauen Anlass zur Sorge geben. So habe die Alkoholsteuer für einen Liter Wein im Jahr 2000 1 YTL betragen, wohingegen die Abgabe 2007 3,2 YTL zu Buche schlug. Auch die Zahl der Lokale und Geschäfte, die eine Lizenz für den Verkauf oder Ausschank von Alkohol haben, sei in diesem Zeitraum entsprechend gesunken.

Ferner habe die türkische Wirtschaft seit 2003 zwar 250.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, jedoch hätten im gleichen Zeitraum 52.400 Frauen ihre Arbeit verloren. Cagaptay ruft die Entscheidungsträger in Washington und Brüssel dazu auf, im Bereich der gesellschaftlichen Liberalisierung durch die AKP-Regierung einen einheitlichen Standard anzusetzen. mehr...

Montag, 2. Juni 2008

Kompetenzgerangel auf Türkisch

In Samsun an der türkischen Schwarzmeerküste haben sich das Team vom Ordnungsamt der Stadt Samsun sowie jenes der Ortschaft Atakum einen handfesten Streit um die Kompetenz für den Umbau eines Strandcafes geliefert.

Das besagte Cafe am Strand von Atakum sollte von Arbeitern der Stadt Samsun unter Aufsicht des Ordnungsamtes mit einem Sonnenschutz aus Edelstahl ausgestattet werden. Als der Bürgermeister des Örtchens Atakum Adem Bektaş erfuhr, dass die Arbeiter mit Material am Strand angekommen seien, nahm er seinerseits Mitarbeiter des Ordnungsmates mit sich und fuhr zum Strand. Nach einer kurzen Diskussion über Zuständigkeiten und Kompetenzen geriet der Streit ausser Kontrolle und konnte von der eintreffenden Polizei nur mittels Tränengas beruhigt werden. mehr...

Friedensdemo in Istanbul

Die Initiative "Friedensparlament" hat in einer Kundgebung am gestrigen Sonntag eine friedliche Lösung des Kurdenproblems gefordert. An der Demonstration, an der neben Abgeordneten der DTP auch der Generalsekräter der ÖDP und Parlamentsabgeordnete Ufuk Uras sowie ehemalige Abgeordnete der Republikanischen Volkspartei CHP teilnahmen, beteiligten sich ca. 40.000 Menschen.
Auf T-Shirts, Mützen sowie Plakaten war auf Türkisch und Kurdisch der Slogan des transsexuellen türkischen Sängers Bülent Ersoy "Wir wollen nicht den Tod, wir wollen eine Lösung" zu lesen. Ersoy wird aufgrund dieser Aussage wegen des Schürens antimilitärischer Ressentiments in der Bevölkerung gerichtlich belangt. Im Falle einer Verurteilung erwarten ihn bis zu drei Jahre Haft. mehr...

Mardin räumt auf

Die südosttürkische Stadt Mardin, die nicht nur reich an historischen Sehenswürdigkeiten ist, sondern auch an Religionen, Sprachen und Ethnien, startet eine Initiative zur Stärkung des Kulturtourismus.

So ist in der uralten Stadt, die das Zentrum der assyrischen Christen in der Türkei ist, ein Team von fünf Experten mit der Aufgabe betraut, illegal errichtete Bauten sowie unzureichende Restaurierungen zu identifizieren sowie gegebenenfalls entfernen zu lassen. Das Team, welches aus Mitarbeitern des Kulturministeriums sowie der örtlichen Verwaltung besteht, hat in einem ersten Schritt den Abriss von 40 illegal errichteten Bauten vor Gericht beantragt. Weiterhin sollen Restaurierungsmassnahmen aus Beton durch soloche aus Naturstein ersetzt werden. Das Ersuchen der Türkei, Mardin in die Liste der Weltkulturerbestätten aufzunehmen, war auch aufgrund des mangelhaften Umgangs mit der historischen Bausubstanz abgelehnt worden.

Zugleich wappnet sich die Region für den Kulturtourismus. So sagte der stellvertretende Gouverneur Niyazi Ulugölge, dass sich die Hotelketten Hilton, Green Park und Dedeman zur Zeit um Baugenehmigungen für Luxushotels bemühten. Eines der größten Probleme bei der Beseitigung der Bausünden, die das Erscheinungsbild der für ihre Natursteinbauten berühmten Stadt verschandeln, ist die oftmals ungeklärte Eigentumsfrage der vom Abriss bedrohten Bauten, denn es ist vorgesehen, dass die Bewohner im Ausgleich neue Wohnanlagen gestellt bekommen. mehr...

Freitag, 30. Mai 2008

Der heilige Stoff

Der streitbare türkische Theologe Prof. Dr. Zekeriya Beyaz hat als Gast in der Sendung "Orada neler oluyor? " (zu deutsch: Was passiert dort?), die vom türkischen Sender "Star TV" ausgestrahlt wird, dem Kopftuchstreit eine neue, äusserst ungewohnte Dimension hinzugefügt.

Beyaz, dessen theologische Ansichten oft mindestens genau so interessant sind wie seine äussere Erscheinung und der in der Türkei einen Kult-Status innehat, wurde in der Sendung gefragt, ob dem Kopftuch nicht ein gewisses Maß an Heiligkeit zukäme. Schließlich werde durch das Stück Stoff eine Weisung des Allmächtigen umgesetzt.

Die Antwort von Professor Beyaz: "Wenn man schon bei Textilien nach der Heiligkeit fragt, dann müsste die heiligste Textilie die Unterhose sein, da sie die wichtigste Region des Körpers verdeckt."
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Service wie in Dubai

Was klingt wie ein Qualitätsprädikat ist in Wahrheit eine zutiefst verstörende Momentaufnahme der türkischen Wirklichkeit. Das Hotel "Golden Horn" in Istanbul ist durch ein Serviceverständnis aufgefallen, welches man eigentlich nur aus arabische Staaten kennt.

Die Abgeordnete des Berliner Senats Dilek Kolat (SPD) ist mit einer Gruppe von Parlamentarierinnen nach Istanbul gereist. Als die Gruppe nach Konsultationen mit den Frauenverbänden der AKP und der CHP ins "Golden Horn" einkehrte, um dort zu essen, hielt die anfängliche Begeisterung der Damen für die Türkei jedoch nicht lange an. Frau Kolat wurde der von ihr gewünschte Raki mit der Begründung verweigert, dass sie Türkin sei. Die deutschen Damen erhielten ihre Alkoholika ohne Probleme. Als Frau Kolat darauf hin den Direktor des Hotels zu sich bat, gab dieser an, dass die Stadtverwaltung von der AKP geführt werde, und dass man eigentlich über keine Lizenz für den Ausschank von Alkohol verfüge. Bei "Touristen", d.h. Nicht-Muslimen, könne man jedoch eine Ausnahme machen. Sollte die Stadtverwaltung jedoch bei einer Razzia sehen, dass man Alkohol an Türken ausschenke, werde das Hotel umgehend geschlossen.

Die deustchen Parlamentarierinnen schickten darauf hin auch ihre Getränke zurück und waren restlos "bedient". mehr...

Ein neuer Abhörskandal

Ein Gespräch des Generalsekretärs der Republikanischen Volkspartei CHP Önder Sav mit dem ehemaligen Gouverneur von Bolu Ali Serindag, welches am 23. Mai in der Parteizentrale stattfand, wurde am 27. Mai in der religiös-konservativen zeitung "Vakit" teilweise Wort für Wort wiedergegeben. Der Vorgang löste ein schweres politisches Erdbeben aus. Sav erklärte, dass sich ausser Serindag und ihm sonst niemand in dem Raum befunden habe.

Daraufhin wurden die gesamte Parteizentrale nach Wanzen durchsucht, jedoch wurde man nicht fündig. Die Frage, wie das Gespräch belauscht wurde, bleibt zunächst ungeklärt, jedoch bleiben als mögliche Antworten nur technische Lösungen, die in der Türkei nur die Sicherheitsorgane realisieren können. Der Parteivorsitzende Deniz Baykal, der manchen als republikanischer Betonkopf, anderen hingegen als die letzte demokratische Hoffnung gilt, erklärte in einer Pressekonferenz, dass die AKP-Regierung diese illegakle Aktion veranlasst habe. Er berief sich dabei ausdrücklich auf den Watergate-Skandal und meinte weiterhin, dass sich unter der AKP-Regierung "Banden" innerhalb des Sicherheitsapparates eingenistet hätten, die oppositionelle politische Kräfte abhörten und unter Druck setzen wollten.

Der türkische Innenminister Besir Atalay ging ob der schweren Anschuldigungen vor die Presse - es war dies immerhin die zweite Pressekonferenz in seiner Amtszeit - und wies zunächst alle Anschuldigungen gegen die Regierung und die Sicherheitsorgane zurück, und versprach eine schnelle Aufklärung des Vorfalls. Dabei machte er einen recht verwirrten und kaum überzeugenden Eindruck.

Solche Vorfälle, die in der Türkei mit dem Namen "Telekulak", also Teleohr, bezeichnet werden, sind in der Türkei leider gang und gäbe. In der jüngeren Vergangenheit waren unter den abgehörten Personen illustre Namen wie der Kommandeur der Heeresakademien Reha Taskesen, dessen telefonische Korrespondenz mit seiner Geliebten veröffentlicht wurde und der daraufhin seinen Rücktritt erklärte. Ein Gespräch des ehemaligen Vorsitzenden des Nationalen Hochschulrates Erhan Tezic, der sich vehement gegen die Einführung des Kopftuchs an türkischen Universitäten stemmte und die AKP-Regierung in diesem Gespräch mit derben Worten kritisierte, wurde ebenfalls veröffentlicht. Der Kommandant der Abteilung für elektronische Systeme im Generalstab Münir Erten wurde ebenfalls abgehört. Die Aufnahmen, auf denen er zugab, dass bei den grenzüberschreitenden Operationen im Nordirak weitaus weniger PKK-Terroristen getötet wurden als bisher angenommen, wurden über einen schweizer Account bei YouTube veröffentlicht. Aufnahmen, auf denen der Kommandant für die Ausbildung der Seestreitkräfte Kadir Sagdic erklärt, dass das Militär wie ein Damokles-Schwert über der AKP-Regierung hängt, wurden ebenfalls über das Internet veröffentlicht. Über den Verdacht, dass der 2. Vorsitzende des Verfassungsgerichts Osman Paksüt während einer Autofahrt abgehört wurde, berichtete der Türkeimonitor hier.

Folgende Fragen müssen von Seiten der AKP-Regierung schnellstmöglich beantwortet werden:
  • Wurde unter der AKP-Regierung eine weitere Abteilung aufgebaut, die über die selben technischen Möglichkeiten verfügt, wie das Direktorat für Nachrichtendienste der Polizei?
  • Wurden dieser Einheit, die von Geheimdienstlern nur "Die Besonderen" genannt werden, technische Gerätschaften an die Hand gegeben, mit deren Hilfe man aus fahrenden Autos und geschlossenen Räumen Gespräche aufzeichnen kann?
  • Haben "Die Besonderen" eigene Zentralen, die von denen der "normalen" Nachrichtendienstabteilung der Polizei getrennt sind?
  • Sind die Beamten dieser besonderen Einheit auffällig hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Organisation, Bruderschaft oder politischen Vereinigung?
  • Hat diese Einheit neben der Unterstützung des Direktorats für die Bekämpfung des Organisierten Verbrechens den Auftrag, oppositionelle Parteien, unliebsame staatliche Organe und das Militär zu belauschen?
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Ein Massengrab der anderen Art

Bei Antalya hat der Tierschutzbund nahe des Örtchens Varsak ein Massengrab für Hunde entdeckt. In der Türkei gibt es viele Strassenhunde, die tollwütig sind, und die Menschen und andere Tiere gefährden. Leider führt dieser Umstand dazu, dass sich die oftmals überforderten örtlichen Behörden nicht anders zu helfen wissen, als diese Tiere zu töten.

Die Vorsitzende des Tierschutzbundes von Antalya Sevda Kirac gab an, dass man auf einen Hinweis hin in einem Waldgebiet mit Grabungen begonnen habe und dabei eine Stätte entdeckt habe, in der über 5.000 Tiere verscharrt worden seien. mehr...

Der Laden ist zu


Der türkische Fussballclub Beşiktaş aus Istanbul hat, wie alle türkischen Vereine, fanatische Anhänger. Innerhalb der Anhängerschaft von Beşiktaş gibt es jedoch eine lose organisierte Gruppe mit dem Namen "Çarşı" (zu deutsch Markt/Basar/Warenhaus), die als die "Lokomotive" der Beşiktaş-Fans gilt. Çarşı ist seit ihrem Bestehen die kreativste, selbstbewussteste und darüber hinaus auch von Anhängern anderer Vereine am meisten geachtete Fangruppe der Türkei und geniesst auch International ein hohes Ansehen. Die Achtung geht sogar so weit, dass sich die an sich bis aufs Blut verfeindeten Fans der anderen Mannschaften im Beşiktaş-Trikot ins Inönü-Stadion (Die drei großen Istanbuler Clubs Beşiktaş, Galatasary und Fenerbahçe haben jeweils ihr eigenes Stadion) begeben, nur um die sensationelle Atmosphäre mit Gänsehautgarantie genießen zu können.

Çarşı begnügt sich jedoch nicht nur mit fussballerischer Devotion, die u.a. dazu führte, dass man den Stadionweltrekord mit einer Lautstärke von 132 dB brach. Als der Spieler Samuel Eto´o vom FC Barcelona in Spanien Opfer rassistischer Rufe und Gesänge wurde, hing Çarşı ein riesiges Plakat mit der Schrift "Çarşı ist gegen Rassismus - Wir sind alle Eto´o!" auf. Bei der Saisoneröffnung 2005/2006 trat Çarşı mit dem Plakat "Çarşı ist gegen Atomanlagen" in Erscheinung. Während der Saison 2006/2007 hing Çarşı gemeinsam mit Greenpeace Turkey ein Plakat mit der Inschrift "Für eine Türkei ohne Atomenergie" auf. 2007 hat Çarşı seine Anhänger dazu aufgerufen, dem türkischen Roten Halbmond Blut zu spenden, welchem massenhaft Folge geleistet wurde. Für Waisenkinder wurden Geld- und Sachspenden organisiert. Nach der Ermordung von Hrant Dink befestigte Çarşı ein riesiges Plakat mit dem Titel "Wir sind alle Armenier!" im Inönü-Stadion. Selbst gegen das Ozonloch und die Erderwärmung wurde protestiert.

Diese Vereinigung hat sich nun zum Entsetzen der türkischen Fussballgemeinde selbst aufgelöst. Wie der Anführer von Çarşı, der armenischstämmige Alen Markaryan, anlässlich der Präsentation eines Dokumentationsfilms über die Gruppe bekannt gab, hat die Gruppe beschlossen, ab sofort nicht mehr als Çarşı aufzutreten. Als Grund gab er an, dass in der letzten Zeit immer mehr Akteure auf den Zug aufgesprungen seien, nur um vom Image der legendären Fans zu profitieren. Ferner war das immer wiederkehrende Gerücht, dass die Fans nicht mehr wegen Beşiktaş, sondern wegen Çarşı ins Inönü-Stadion kommen, ein weiterer Beweggrund.

Hier ein Video, welches zeigt, wie der Çarşı-Anführer Alen Markaryan die Fans auf das Eintreffen der Mannschaft vorbereitet:



Es bleibt zu hoffen, dass die Entscheidung revidiert wird.
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Donnerstag, 29. Mai 2008

Keine Integration ohne Bastürk und Altintop - Wie die Zusammenstellung des türkischen EM-Kaders dem DFB in die Hände spielt

Gestern mussten die Trainer der an der EM teilnehmenden Nationen endgültig ihren Kader nominieren. Fatih Terim, der Trainer der türkischen Nationalmannschaft, hat genau wie Joachim Löw drei Spieler aus seinem Kader gestrichen. Diese sind an sich jedoch keine unbedeutenden Akteure, sondern Yildiray Bastürk vom VfB Stuttgart, Halil Altintop von Schalke 04, sowie der in Deutschland eher unbekannte Ibrahim Kas, der in der nächsten Saison beim spanischen Erstligisten FC Getafe spielen wird. Es lässt sich darüber streiten, ob es grundlegend richtig ist, sich im Vorfeld der EM mit drei "überflüssigen" Spielern ins Trainingslager zu begeben, nur um diese dann wieder auszusortieren. Dafür spricht natürlich, dass Spieler sich im Trainingslager oder in den Freundschaftsspielen verletzen können, doch was spricht gegen Nachnominierungen?

Es ist bekannt, dass die Spieler Halil Altintop und Yildiray Bastürk deutsch-türkische Wurzeln haben. Beide sind in Deutschland aufgewachsen und haben sich dennoch entschieden, für die türkische Nationalmanschaft zu spielen. Es ist auch offensichtlich, dass der aktuelle türkische Nationaltrainer Fatih Terim kaum auf diese Spieler baut. Herr Terim hat in der Vergangenheit schon des Öfteren bewiesen, dass er mit diesen Spielern irgendwie nicht kann. Die aktuelle Entscheidung von Herrn Terim übertrifft seine bisherigen jedoch erheblich und die Auswirkungen dieser Entscheidung könnten meines Erachtens nach extrem ausfallen. Neben der Gefahr, dass die türkische Nationalmannschaft ohne diese Schlüsselspieler Gefahr läuf,t bei der EM hinter ihren Möglichkeiten zurückzubleiben, kann von der Nichtberücksichtigung gestandener Fußballer auch ein falsches Signal an die in Deutschland lebenden Türken ausgehen. Vor allem dann, wenn die Nichtberücksichtigung von Bastürk und Altintop absolut nicht nachvollziehbar ist. Bastürk ist im besten Fußballeralter und war zuletzt beim VFB Stuttgart in hervoragender Verfassung. Darüber hinaus ist er einer der letzten zwei Spieler jenes türkischen Kaders, der bei der WM 2002 Dritter wurde. Es ist ebenfalls anzunehmen, dass der Rauswurf Halil Altintops die Leistung seines Zwillingsbruders Hamit Altintops erheblich schwächen dürfte.

Doch selbst wenn dieser "worst case" nicht eintritt, so besteht das Risiko, dass sich junge Deutsch-Türken in Zukunft ebenso wenig von der Türkei integriert fühlen werden, wie bisher von deutscher Seite. „Integration“ ist keinesfalls ein einseitiger Prozess. Sie darf auch niemals als solche betrachtet werden. Der DFB dürfte sich jedenfalls die Hände reiben, wenn in Zukunft das riesige Potential türkischer Nachwuchsfußballer von Entscheidungsträgern wie Herrn Terim unberücksichtigt bleibt. mehr...

Samstag, 24. Mai 2008

"Ehrenmord an Morsal O. " - Ein Kommentar zum Spiegel-Online Artikel

Bisher habe ich mich mit Ehrenmord nicht auseinandergesetzt. Daher werde ich im folgenden den Versuch unternehmen, diese Art tragischer Ereignisse oder anders ausgedrückt diese Art von "Familientragödien" aus meiner persönlichen Perspektive kurz zu untersuchen ohne detaillierte Kenntnisse über diesen spezifischen Fall oder andere Fälle zu haben in denen von "Ehrenmord" gesprochen wird. Betrachte ich das Wort Ehrenmord genauer, dann stelle ich fest, dass bereits in der Wortverknüpfung von "Mord" und "Ehre" das Motiv der Tat umschrieben wird. Jedes dieser beiden Wörter für sich, stellt mich bei dem Versuch einer Definition vor eine große Herausforderung. Was treibt Menschen dazu einen Mord zu begehen? In jedem Fall behaupte ich ersteinmal, das allgemein die Fähigkeit einen Menschen zu töten unabhängig von der Herkunft eines Menschen ist und ein potenieller Mörder in jedem von uns steckt. Jedoch ist ein Mord aus meiner Sicht selbst mit ungesundem Menschenverstand absolut nicht nachzuvollziehen. Morde ereignen sich tagtäglich und überraschen die Opferseite, Bekannte, Freunde und nahe Verwandte des Mörders gleichermaßen. Man sieht also einem Menschen nicht an, dass er dazu fähig ist einen anderen Menschen zu töten. Auf der anderen Seite lässt eine ausgeprägte Gewaltbereitschaft eines Menschen durchaus die Vermutung zu, dass eventuell die Hemmschwelle für einen Mord geringer ist als bei einem Menschen, der nie Gewaltbereitschaft gezeigt hat, was aber de facto nichts heißen muss. So oder so, ich behaupte, es gibt keine logische Erklärung und keine Rechtfertigung für Mord.

In dem Artikel:"Ehrenmord an Morsal O." auf spiegel-online wird ein Erklärungsversuch des Begriffs Ehrenmord unternommen und die deutsch-türkische Rechtsanwältin Seyran Ates zitiert.

Hier ein Auszug:
"Dieser Ehrbegriff fußt auf der sexuellen Nicht-Selbstbestimmung der Frau. Das bedeutet: kein Sex vor der Ehe, kein Freund." Wenn sich ein Mädchen oder eine junge Frau nicht daran halte, werde sie "als Schandfleck angesehen - und muss getötet werden, um die Ehre wieder herzustellen".

Weiter heißt es in einer Statistik des Artikels, das Ehrenmorde sich überwiegend in türkischen Familien ereignen.

Dieser kausale Zusammenhang von Aktion und Reaktion, den Frau Ates hier versucht aufzustellen und die Art und Weise, der journalistischen Berichterstattung von Frau Hans halte ich für sehr gefährlich, da hier Stereotypen geschaffen werden. Ich hätte mir gewünscht, das Frau Ates, es sich nicht ganz so einfach macht mit Ihrer Erklärung.

Es bleiben offene Fragen, die mich noch weiter beschäftigen werden:

Wo ist der Unterschied zwischen einer Familientragödie und einem Ehrenmord?
Wer kann das Motiv eines Täters genau bestimmen? Hat Frau Ates recht und ist der Täter auch nur Opfer "des Systems"? Wenn ein solches System existiert, wer ist davon betroffen? Existiert ein solches System nur bei den Türken, bei allen Türken oder bei bestimmten Türken, die vielleicht irgendetwas gemeinsam haben?
Wo liegen die historischen Wurzeln des "Ehrenmordes" und lassen sich diese grundsätzlich geographisch, ethnisch oder nach anderen Eigenschaften zuordnen? mehr...