Donnerstag, 18. September 2008

"2008 IPA Freedom to Publish Prize" für Ragıp Zarakolu

Der türkische Verleger Ragıp Zarakolu erhielt gestern in Amsterdam den “Freedom to Publish Prize” der International Publisher´s Association (IPA).


Die Präsidentin der IPA, Anna Maria Cabanellas, wies in ihrer Rede darauf hin, dass in der Türkei seit 2005 mehr als 1.000 Menschen wegen des 301. Paragrafen des Türkischen Strafgesetzbuches, der Verunglimpfungen des Türkentums unter Strafe stellt, gerichtlich belangt wurden. Zarakolu selbst musste sich immer wieder vor Gericht verantworten, zuletzt, als er das Buch „The truth will set us free. Armenians and Turks reconciled“ von George Jerjian in seinem Verlag Belge veröffentlichte.


Unter den bisherigen Preisträgern befinden sich die ermordete russische Journalistin Anna Politkowskaja und der ermordete türkisch-armenische Journalist und Publizist Hrant Dink. Zarakolu wurde 2007 mit dem Preis für Pressefreiheit des türkischen Journalistenverbands und dem Preis für Gedanken- und Meinungsfreiheit der türkischen Schriftstellervereinigung ausgezeichnet, sowie 2005 mit dem Preis für Meinungsfreiheit der norwegischen Schriftstellervereinigung.

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Festnahmen in Tuzla

Nach dem Tod dreier Werftarbeiter am 11. August wurden nun fünf Verantwortliche der GISAN-Werft festgenommen.

In der GISAN-Werft in Tuzla kam es 11. August zu einem weiteren tödlichen Zwischenfall, als die Seetauglichkeit eines Beibootes mit Menschen an Bord geprüft wurde. Dabei starben der 19-jährige Emrah Varoğlu, der 25-jährige Ramazan Çetinkaya sowie der 36-jährige Ramazan Ergün. Wie sich kurze Zeit später herausstellte, werden diese Tests für Gewöhnlich mit Sandsäcken durchgeführt.

Fünf Verantwortliche wurden nun festgenommen. Es sind dies der Geschäftsführer der GISAN-Werft Metin A., sein Assistent Ender K., der technische Leiter Burhan B., sowie Hayati A. und Iskender A. von der Prüffirma "Bureau Veritas". Gegen die fünf Männer wird nun wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung ermittelt. Nachdem sie vor Gericht vernommen wurden, wurden sie ins Maltepe-Gefängnis verbracht.

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Disziplinarstrafe der Universität verletzt Menschenrechte

Gegen 49 Studenten, die 2007 in Mugla gegen den Nationalen Hochschulrat protestierten, wurden seitens der Hochschulleitung Disziplinarstrafen verhängt. Die Menschenrechtskommission der Regionalregierung hat diese Entscheidung nun als Menschenrechtsverletzung gewertet.

Am 6. November 2007 protestierten Studenten der Universität Muğla auf einem zentralen Platz der Stadt. Das Rektorat der Universität hatte im Anschluss an den Protest, der sich gegen den Nationalen Hochschulrat richtete, Disziplinarstrafen gegen 49 Studenten verhängt. Die meisten wurden für die Dauer von einem bis zwei Semestern vom Studium suspendiert.

26 der Studenten beschwerten sich darauf hin bei der Menschenrechtskommission der Region. Die 15 Mitglieder des Gremiums beschlossen einstimmig, dass die Regelung in grober Weise gegen das Recht der Studenten auf Gedanken- und Meinungsfreiheit verstoßen habe. Der Rektor Prof. Dr. Şener Oktik habe sich laut dem Bericht des Gremiums einen Verstoß gegen fundamentale Menschenrechte geleistet. Der Bericht ist rechtlich nicht bindend, kann aber vor Gericht als Beweisstück geltend gemacht werden.

Die Hochschulleitung reagierte mit Unverständnis auf das Votum der Kommission. Der stellvertretende Rektor Prof. Dr. Atilla Yücel sagte, dass man überzeugt sei, sich nicht rechtswidrig verhalten zu haben. Wenn der Bericht der Menschenrechtskommission in Gänze vorliege, werde man eine Presseerklärung zu dem Vorfall abgeben.

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Über Visumswäschen und Gehirnpflichten

Die Zeitung Taraf berichtet, dass die für das Erasmus-Programm an der Marmara-Universität ausgewählten Studenten in einem „Orientierungskurs“ die offizielle Staatsdoktrin der Türkei in Bezug auf sensible Themen wie den Völkermord-Vorwurf der Armenier, die Pontus-Frage mit den Schwarz-Meer-Griechen, die Kurdenfrage und Zypern eingetrichtert bekamen. Wer nicht teilnahm, durfte nicht ins Ausland.

So wurden etwa 150 Studenten per E-Mail dazu aufgerufen, dem „Orientierungskurs“ beizuwohnen. In der von Prof.Dr. Selahattin Güriş unterschriebenen Mail wird darauf hingewiesen, dass ein Fehlen dazu führe, nicht ins Ausland zu dürfen. Der erste Tag des viertätigen Kurses wurde sodann den heiklen Fragen der türkischen Politik gewidmet. Erklärtes Ziel des Modules: die Vermittlung der offiziellen Position der Türkei in Bezug auf Völkermordvorwurf, Kurdenkonflikt, Pontus und Zypern. Der Referent war niemand Geringeres als Yusuf Halaçoğlu, der ehemalige Direktor des Türkischen Historischen Gesellschaft.

Halaçoğlu rief die Studenten dazu auf, diese Thesen bei deren Besuch im Ausland zu verteidigen. Die Wortwahl Halaçoğlus beim Thema des Völkermordvorwurfes brachte einige Studenten in Rage. Sie erwiderten, dass sie ins Ausland führen, um mit Studenten aus anderen Ländern „zu verschmelzen“, nicht um in einen Krieg zu führen. Einige verliessen wutentbrannt den Saal.

Die Veranstaltung fand offenbar auf Anraten der Rektorin Necla Pur statt. Der Erasmus-Koordinator der Marmara-Universität und Unterzeichner der E-Mail, Prof. Selahattin Güriş, erklärte, dass man den Studenten lediglich unnötige „Kopfschmerzen“ habe ersparen wollen. Es sei aber jedermanns eigenen Entscheidung, ob er im Ausland über die angesprochenen Themen diskutiere. Studenten, die nicht an der Veranstaltung teilnahmen, müssten jedoch keine Disziplinarmaßnahmen befürchten, vielmehr habe er mit seinem angedrohten Reiseverbot lediglich die Teilnahmequote erhöhen wollen.

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Strom wird ab Oktober wieder teurer

Die Strompreise steigen in der Türkei ab dem 1. Oktober erneut für Haushalte um 9,07%, für Unternehmen um 9,35% und für die Industrie um 9,27%, wie die Regulierungsbehörde für den Energiemarkt EPDK mitteilte.

Die EPDK begründete die Entscheidung damit, dass die 20 Stromerzeuger höhere Kosten zu tragen hätten, die nun an die Verbraucher weitergegeben würden. Die entsprechende Verordnung läge dem Ministerpräsidialamt vor und werde nach Genehmigung im Staatsanzeiger „Resmi Gazete“ veröffentlicht. Die Strompreise sind in der Türkei somit seit Jahresbeginn für Haushalte um insgesamt 54%, und für die Industrie insgesamt um 46% gestiegen.

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Dáli in Istanbul auf Rekordkurs

Nach Angaben von Güler Sabancı hat die Ausstellung „Ein Surrealist in Istanbul: Salvador Dáli“ das Potenzial, den bisherigen Rekordhalter „Picasso in Istanbul“ zu überholen.


Schon die gestrige Pressekonferenz geriet zum Großereignis: insgesamt 75 Medien und 149 Pressevertreter waren gestern Abend im Sakıp Sabancı Museum zugegen, unter ihnen Vertreter der Zeitungen Le Monde, El Pais und The Times. Die Museumsdirektorin Dr. Nazan Ölçer sagte, dass das Presseinteresse höher gewesen sei als bei der Picasso-Ausstellung, die in 103 Tagen 253.999 Besucher angezogen hatte.

Die Dáli-Ausstellung wird vom 20. September 2008 bis zum 20. Januar 2009 insgesamt 385 Objekte präsentieren, die neben 33 Bildern, 113 Zeichnungen, 111 Gravuren und 12 Lithografien Briefe, Notizen und persönliche Fotografien beinhalten.
Die Ausstellung ist Dienstags bisFreitags und Sonntags von 10 bis 18 Uhr zugänglich, am Samstag und Sonntag von 10 bis 22 Uhr. Die Preise betragen 10 YTL für ein Einzelticket und 7 YTL für Gruppentickets, Studenten bezahlen nur 3 YTL.

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Armenien lehnt türkische Vermittlung im Konflikt mit Aserbaidschan ab

Der Sekretär des armenischen Sicherheitsrates, Artur Bagdasarian, hat sich nach Angaben von NTV gegen eine Vermittlerrolle der Türkei im Konflikt um das besetzte Berg-Karabach ausgesprochen.

Bagdasarian hat bei einem Treffen mit dem französischen Co-Vorsitzenden der Minsk-Gruppe der OSZE gesagt, dass sein Land eine Änderung an der Spitze der Minsk-Gruppe, die zwischen Armenien und Aserbaidschan vermitteln soll, ablehnt. Den Vorsitz über die Minsk-Gruppe haben Bernard Fassier aus Frankreich, Yury Merzlyakov aus Russland und Matthew Bryza aus den USA, der mit der türkischen Analystin Zeyno Baran verheiratet ist.

Bagdasarian, der Führer der Oppositionspartei "Orinats Yerkir" ist, sagte, dass Armenien jede Hilfe im Friedensprozess begrüsse, eine türkische Vermittlung sei jedoch unnötig. Die Türkei sei ein Nachbar, kein Feind. Folglich müsse man die Beziehungen zwischen beiden Staaten Schritt für Schritt normalisieren. Die armenische Seite bewerte zur Zeit den türkischen Vorschlag eines Stabilitäspaktes für den Kaukasus.

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World Association of Newspapers rügt Erdogan

Die Vorsitzenden der "World Association of Newspapers" (WAN) und des "World Editors Forum" (WEF) haben den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan in einem offenen Brief dazu aufgefordert, keinen Druck mehr auf die Doğan-Holding auszuüben.

Die Vereinigung WAN, der 18.000 Zeitungen in 102 Ländern und 12 Nachrichtenagenturen angehören, und die bei der UN, der UNESCO und dem Europarat über einen Beobachterstatus verfügt, betrachtet die Aufforderung Erdogans an die Doğan-Holding, ihre Nachrichten über Verstrickungen AKP-naher Kreise in die Spendenaffäre um den Verein "Deniz Feneri e.V." einzustellen, als schweren Angriff auf die Pressefreiheit.

Derweil berichtet der Spiegel in seiner Online-Ausgabe, dass nun auch gegen Zahid Akman, den Vorsitzenden des Hohen Fernseh- und Rundfunkrates, ermittelt seitens der Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Betrug und Insolvenzverschleppung werde. Akmans Name tauchte im Zusammenhang mit der Spendenaffäre immer wieder auf, in dem Gerichtsverfahren galt er jedoch, anders als in dem Verfahren um "Offenbacher & Frankfurter Wohnungsbaugenossenschaft eG" nicht als Beschuldigter.

Hier der Brief der WAN in voller Länge:

The Right Honourable Recep Tayyip Erdogan
Prime Minister of Turkey
Ankara, Turkey

16 September 2008

Dear Prime Minister,

We are writing on behalf of the World Association of Newspapers and the World Editors Forum, which represent 18,000 publications in 102 countries, to express our serious concern at threats you have made against the Dogan Media Group and your attempts to deter it from publishing articles concerning a matter of clear public interest.

On 7 September on live television you reportedly warned the Dogan Group not to publish articles on the Deniz Feneri e.V. corruption scandal. You have also threatened the group to reveal some harmful information about the company’s affairs.

The articles published by Dogan Group newspapers concern an investigation by German prosecutors into alleged illegal payments by the Deniz Feneri e.V. charity, which has collected almost €50 million in humanitarian aid, mainly from Turks living in Germany. Alleged recipients include a TV channel that is close to the government and even the Office of the Prime Minister.

We are alarmed that you, as the Prime Minister of Turkey, should seek to stifle legitimate reporting and threaten the Dogan Group, which has a right - and indeed a duty - to report on issues such as the Deniz Feneri e.V. scandal.

We respectfully remind you that it is the duty of the state to provide an environment in which media are able to carry out their professional duties without fear of intimidation, not to seek to silence critical reporting. Such assaults on the media foster a climate of fear that inhibits journalistic investigation and can promote self-censorship.

We respectfully urge you to immediately withdraw the threats you made against the Dogan Group and to publicly reaffirm your commitment to freedom of the press.

We look forward to hearing from you at your earliest convenience.

Yours sincerely,

Gavin O’Reilly
President
World Association of Newspapers

Xavier Vidal-Folch
President
World Editors Forum

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Kampf gegen Bücher-Piraterie

Die türkische Polizei hat nach Hinweisen in mehreren Druckereien Razzien durchgeführt, in denen Raubkopien von Büchern hergestellt wurden.

So führte die Polizei mit mehreren Hundertschaften Razzien in einem Industriegebiet in Zeytinburnu/Istanbul durch. Dabei wurden mehr als 25 Druckereien durchsucht und über 50.000 illegal hergestellte Bücher beschlagnahmt.

Der Großteil der sichergestellten Ware besteht aus Schulbüchern. Auch Koran-Ausgaben befanden sich unter den zunächst beschlagnahmten Büchern. Man darf gespannt sein, ob auch diese, wie vorgesehen, vernichtet werden oder auf unbestimmte Zeit eingelagert werden.

Viele der Druckereien wurden zunächst geschlossen und versiegelt. Obwohl konkrete Hinweise vorlagen, konnten die Ermittler keine Ausgaben von Orhan Pamuks neuem Roman "Das Museum der Unschuld" entdecken.

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Solidaritätskonzert für türkische Grüne

Die Sängerinnen Ilkay Akkaya und Yasemin Göksu werden für die türkischen Grünen ein Solidaritätskonzert geben.

Die Gründerin der Musikgruppe "Kızılırmak" Ilkay Akkaya sowie Yasemin Göksu, die die Musik zur Fernsehserie "Elveda Rumeli" beisteuerte, teilen sich erstmals gemeinsam die Bühne, um die türkischen Grünen zu unterstützen. Das Konzert findet am Freitag, den 20. September im Studio Live Aziza am Taksim-Platz statt.

Die Kampagne der türkischen Grünen gegen die Ausschreibung eines Atommeilers geht unterdessen weiter. Die Aktion mit dem Titel "Uyumuyoruz" ("Wir schlafen nicht") wird sowohl von diversen NGOs als auch von Musikern und Theatergruppen unterstützt. Hier gibt es weitere Informationen über die Aktion.

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2 Werften in Tuzla vorläufig geschlossen

Inspektoren des Arbeitsministeriums haben zwei Werften in Tuzla wegen gravierender Sicherheitsmängel vorläufig geschlossen.

Wie Bianet meldet, haben Inspektoren die DESAN-Werft, die dem ehemaligen AKP-Abgeordneten Cengiz Kaptanoğlu gehört, sowie die "Onur Grup"-Werft geschlossen. Bianet beruft sich auf Angaben der Gewerkschaft Limter-İş, wonach die DESAN-Werft gestern wegen 37 Mängeln geschlossen wurde. Folgende Punkte seien insbesondere beanstandet worden:

Die Leitern der Reperaturboote sind unzureichend
Gas- und Sauerstoffflaschen sind nicht ordentlich gelagert
Keine ausreichende Belüftung geschlossener Räume
Mangelnde elektrische Sicherheit
Teile der Sauerstoffschläuche sind stark überbeansprucht
Während Stege höchstens 45 cm große Zwischenräum aufweisen dürfen, waren die Zwischenräume bisweilen mehr als doppelt so groß.

Der 26-jährige Arbeiter Mikail Kavak starb am 16. Februar auf der DESAN-Werft an einem Stromschlag .

Die Gewerkschaft Limter-İş sieht sich unterdessen in ihrem Ruf nach mehr Kontrollen bestätigt und fordert, diese analog zum deutschen TÜV einer unabhängigen Kontrollinstanz zu übertragen.

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