Montag, 18. August 2008

Kulturminister Günay entfernt Fethullah Gülen-Biografie von Minsteriumswebsite

Der türkische Kulturminister Ertuğrul Günay hat eine "Biografie" des Führers der Gülen-Bewegung, Fethullah Gülen, von der offiziellen Homepage des Kulturministeriums entfernen lassen.

Die "Biografie" stellte Gülen als "Opfer" des 28. Februars dar, der zum eigenen Schutz in die USA emigrieren musste. Der Skandal wurde publik, nachdem der Abgeordnete Tayfun Süner (CHP) eine parlamentarische Anfrage an Günay sandte, warum das Kulturministerium die Biografie Gülens vorsätzlich verklärt.

Günay antwortete, dass man den Beitrag entfernt habe, wies jedoch alle Anschuldigungen bezüglich der Korrektheit der Daten und Lebensumstände Gülens zurück. Man habe den Beitrag aus Ihsan Işıks "Enzyklopädie der Schriftsteller" übernommen. Somit trage Işık die Verantwortung für die fehlerhaften Angaben. Ob Ihsan Işık anzeige wegen Urheberrechtsverletzung durch das Kulturministerium erstatten wird, blieb zunächst unklar.

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Selbstjustiz auf türkisch

Ein Ehemann, dem seine Ehefrau gebeichtet hat, von einem Mann vergewaltigt worden zu sein, ist in Şanlıurfa mit seinem Bruder zum Haus des Beschuldigten gefahren und hat es mit seiner Kalaschnikoff regelrecht durchsiebt.

Der Vorfall wurde bekannt, nachdem eine Frau namens N.B. die Gendarmerie anrief und berichtete, mit einer Schusswaffe verletzt worden zu sein. Die Sicherheitskräfte leiteten sofort die Fahndung nach dem von der am Bauch verwundeten Frau als Täter beschriebenen S.Y. ein. Dieser konnte gemeinsam mit seinem Bruder M.Y. in seinem Auto am Ortseingang von Şanlıurfa festgenommen werden.

Im Kofferraum des Duos fand die Gendarmerie zwei Kalaschnikoffs, drei Magazine sowie 72 Geschosse. Noch während der Befragung der Schützen traf die Ehefrau von S.Y. auf der Wache ein und erklärte den Beamten, dass der Überfall ihres Mannes auf die Vergewaltigung durch B.B. zurückgehe. Dieser habe sie wiederholt vergewaligt, als ihr Mann zum arbeiten außerhalb der Region gewesen sei.

Während B.B. wegen Vergewaltigung angeklagt wurde und nun im Gefängnis von Siverek sitzt, wurden die Brüder S.Y. und M.Y. wegen Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffengesetz angeklagt und sitzen derzeit im Gefängnis von Şanlıurfa.

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Abdullah Gül:1 - Ahmet Necdet Sezer:0

Staatspräsident Abdullah Gül wird die Reisebilanz seines Amtsvorgängers Sezer wohl um Längen übertreffen.

So kam der als "Stubenhocker" verschrieene Ahmet Necdet Sezer in sieben Jahren Amtszeit auf gerade einmal 49 Auslandsreisen. Gül hingegen hat kurz vor dem Ende seines ersten Jahres im Amt bereits 20 Auslandsreisen vorzuweisen. Darüber hinaus empfing der ehemalige Außenminister 18 Staats- und Regierungschefs in der Türkei.

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Yaşar Kemal sagt "Nein" zum Zement

In der bei Adana gelegenen Region Osmaniye, in der die antiken kilikischen Stätten der Hierapolis Kastabala sowie ein als "Vogelparadies" bezeichnetes Naturschutzgebiet liegen, ist die Errichtung einer Zementfabrik geplant. Nun formiert sich der Widerstand mit einem äußerst prominenten Namen an der Spitze: Yaşar Kemal

Die Anwaltskammer Adanas, die örtliche Architektenkammer sowie einige Dorfvorsteher der betroffenen Region haben nun juristische Schritte gegen das Projekt eingleitet. Der prominenteste Unterzeichner der anhängigen Unterschriftenkampagne hat sich indes schon gefunden. Es ist dies niemand Geringeres als Yaşar Kemal, der Großmeister der türkischen Literatur.

Neben Kemal haben sich weitere prominente Künstler wie z.B. die Schauspieler Tarık Akan und Rutkay Aziz bereit erklärt, die Kampagne zu unterstützen. Die geplante Anlage soll jährlich 2 Mio. Tonnen Zement produzieren, was nach Angaben von Fachleuten sowohl für die Natur als auch für die historischen Stätten ein Fiasko bedeuten würde. Während die Verantwortlichen des Zementfabrikanten darauf hinweisen, die erforderlichen Genehmigungen von allen beteiligten Institutionen eingeholt zu haben, weist der Archäologe und Restaurator Murat Akman darauf hin, dass einem Archäologen der Universität Gaziantep die Grabungsgenehmigung vom Kulturministerium wegen der Gefährdung der historischen Stätten verweigert wurde. Somit sei die geplante Errichtung einer industriellen Anlage noch viel abwegiger.

Prof. Dr. Halet Çambel, der die wissenschaftlichen Grabungen in dem betreffenden Gebiet Kilikiens leitet, in welches Raoul Schrott auch den historischen Homer situiert hatte, spricht angesichts des Vorhabens von einer kulturellen Katastrophe. So befänden sich unter dem für den Bau geplanten Areal noch unerschlossene Grabanlagen. Er habe bei Kulturminister Ertuğrul Günay persönlich interveniert, jedoch sehe er keine Bestrebungen des Ministers, seinen Zusagen nachzukommen.

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Quo vadis, Türkei?

Am morgigen Dienstag beginnt in Istanbul der Afrika-Gipfel, zu dem die türkische Regierung alle afrikanischen Staaten geladen hat. Mindestens 43 der 53 afrikanischen Staaten haben ihr Kommen zugesagt. Der Besuch des sudanischen Führers Omar Al Bschir wirft jedoch ein trübes Licht auf die türkischen Bemühungen, einen Sitz im Weltsicherheitsrat zu erlangen.

Der Bevölkerung Istanbuls ist das Verkehrschaos während des Besuchs des iranischen Präsidenten Ahmedinedschad noch sehr präsent, und schon wartet die nächste Geduldsprobe. So werden im Rahmen des türkisch-afrikanischen Gipfels zahlreiche Staats- und Regierungschefs in Istanbul zugegen sein. Insbesondere rund um die Stadtteile Ortaköy und Beşiktaş kann mit erheblichen Behinderungen gerechnet werden, da der am Bosporus gelegene Çırağan-Palast als Tagungsort dient und viele Delegationen in umliegenden Häusern einquartiert wurden.

Das Gipfeltreffen dient nicht nur der Intensivierung der türkisch-afrikanischen Wirtschaftsbeziehungen. Gleichzeitig soll es auch die türkischen Ambitionen auf eine Sitz im Weltsicherheistrat in den Jahren 2009 und 2010 untermauern. Die Türkei will aussenpolitische Stärke demonstrieren. Die erfolgreiche Vermittlung zwischen Israel und Syrien ermutigte die Regierung in Ankara, den iranischen Präsidenten Ahmedinedschad auch gegen den Widerstand der engen Partner Israel und USA einzuladen. In Ankara gehen Gerüchte um, wonach George W. Bush noch vor dem Ende seiner Amtszeit den Iran agreifen will. Die Einladung an Ahmedinedschad war sicher ein Versuch, ihn im Umgang mit dem Westen konzilianter zu stimmen, um der Türkei eine Wiederholung der für sie mißlichen Lage während der Irak-Invasion der Amerikaner zu ersparen. Es gilt nämlich als sicher, dass die Türkei auch im Fall eines amerikanischen Militärschlages gegen den Iran keine Unterstüzung leisten wird.

Der Türkei scheint jedes Mittel recht zu sein, um ihre aussenpolitischen Ambitionen als regionale Führungsmacht zu untermauern. Der Besuch des iranischen Präsidenten war schon umstritten genug. Der nun im Rahmen des Afrika-Gipfels bevorstehende Besuch des sudanesischen Führers Omar Al Baschir ist schlichtweg ein Skandal. Der für den Völkermord in Darfur veranwtortliche Mann, gegen den der Chefankläger beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, Luis Moreno-Ocampo, kürzlich Haftbefehl beantragt hat, wird in Istanbul mit allen protokollarischen Ehren empfangen werden.

Die Türkei hat die Anerkennung des Internationalen Strafgerichtshofs zwar schon unterzeichnet, jedoch noch nicht per Parlamentsbeschluss ratifiziert. So könnte sie dies als Schlupfloch für den Besuch Al Baschirs gelten lassen. Sie muss sich aber die Frage gefallen lassen, wofür ein Sitz im Weltsicherheitsrat gut ist, den man mit den Stimmen von Massenmördern erkauft hat.

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Wie gefährdet ist Istanbul?

Die beiden renommierten Geowissenschaftler Prof. Dr. Şener Üşümezsoy und Prof. Dr. Ahmet Ercan haben Warnungen vor einem verheerenden Erdbeben, welches die Mega-City Istanbul in den nächsten Jahren heimsuchen könnte, als Panikmache bezeichnet, die einzig dazu diene, die Bauindustrie zu stimulieren.

So sagte Üşümezsoy, dass Forschungen im Auftrag des TÜBITAK ergeben hätten, dass die in der Marmara-Region zahlreich vorhandenen tektonischen Plattengrenzen keine nennenswerten Spannungen aufgebaut hätten. Lediglich die bei Mudanya-Imrali liegende Plattengrenze sei unter verstärkter Beobachtung und könne nach heutigem Kenntnisstand ein Beben der Stärke 6-7 auslösen. Es sei jedoch irreführend, wenn davon die Rede sei, dass sich in Istanbul ein Beben der Stärke 8 ereignen werde. So würde die Angst vor einem solchen Beben bewusst geschürt, um der Bauindustrie Auftrieb zu verschaffen. Natürlich müssten gefährdete Gebäude notfalls abgerissen werden. Dies bedeute jedoch nicht, dass die gesamte Stadt neu erbaut werden müsse. Eine Modernisierung sei dort, wo es angebracht ist, ausreichend.

Laut Prof. Ercan kann sich Istanbul mindestens bis zum Jahr 2015 in Sicherheit wiegen. 25 Geologen beobachteten im Rahmen des in der Marmara-Region aufgebauten geologischen Beobachtungsnetzwerks permanent jede tektonische Bewegung. Ercan schloss sich der Kritik von Prof. Üşümezsoy an, und warnte die Bauindustrie, aber auch die Politik davor, mit solchen Gerüchten die Angst in der Bevölkerung zu schüren.

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