Freitag, 13. Juni 2008

Tuzla, wir kommen!

Die türkische Öffentlichkeit ist schon lange nicht mehr bereit, dem Sterben in Tuzla tatenlos zuzusehen. Nun haben sich 394 Intellektuelle, Schauspieler, Professoren, Künstler, Musiker und weitere bekannte Persönlichkeiten dem Protest angeschlossen.

Am morgigen Samstag wird es eine Pressekonferenz geben, auf der die Teilnahme der 394 Persönlichkeiten an einem Streik der Gewerkschaft Limter-İş, der am 16. Juni in Tuzla stattfindet, bekannt gegeben wird. Zwar wird gehofft, dass auch die Bevölkerung an der Demonstration zahlreich teilnehmen wird, allerdings kann davon ausgegangen werden, dass die schrecklichen Szenen vom 1. Mai in Istanbul den Einwohnern der Mega-City immer noch lebhaft in Erinnerung sind. So wird in vielen Foren zwar einmütig Sympathie mit dem Anliegen der Arbeiter bekundet, doch wollen sich viele nicht für den Einsatz für Arbeiterrechte von der Polizei verprügeln lassen.

Insbesondere aus diesem Grund wollen die "Aufgeklärten", wie Intelektuelle in der Türkei gerne genannt werden, dem Streikzug vorangehen und ein Schutzschild der Vernunft bilden. mehr...

Türkei ist Ehrengast auf Frankfurter Buchmesse

In diesem Jahr ist die Türkei offizielles Gastland der Frankfurter Buchmesse.

Die vom 15. bis 19. Oktober stattfindende größte Büchermesse der Welt soll, so der Koordinator des Türkei-Projekts Ahmet Arı, für die Türkei ein großer Erfolg werden. Die Bemühungen der türkischen Organisatoren seien insbesondere in Einklang mit der TEDA-Initiative, die sich darum bemühe, herausragende Werke der türkischen Literatur in andere Sprachen zu übersetzen und so einer globalen Leserschaft verfügbar zu machen.




Arı betonte, dass der Auftritt der Türkei insbesondere die kulturelle Vielfalt betonen werde, auf die man stolz sein könne. Auch hinsichtlich der in Deutschland lebenden Türken sei die Veranstaltung wichtig. In den Bereichen Tourismus, Sport, und Wirtschaft sei die Türkei mittlerweile fest in Deutschland verankert. Nun gelte es, dies auch im Bereich der Kultur zu bewerkstelligen. mehr...

Grundbesitzbande verhaftet

Die türkische Polizei hat eine Verbrecherorganisation ausgehoben, die insbesondere ältere und vereinsamte Nicht-Muslime erpresst und sich deren Grundbesitz angeeignet hat.

Auf den Fund der Leiche einer älteren Dame in Istanbul-Beykoz hin hat die Polizei weitreichende Ermittlungen gestartet, im Zuge derer ein Gruppe von ca. dreißig Personen ermittelt werden konnte, die an den Verbrechen beteiligt waren. Unter den dringend Tatverdächtigen befinden sich der Leiter des Grundbuchamtes von Beykoz sowie zwei Ärzte. Es wird davon ausgegangen, dass die hohe Zahl nicht-muslimischer Opfer damit zusammen hängt, dass diese keine Angehörigen mehr in der Türkei hatten. Die beteiligten Ärzte stellten bei Bedarf Unzurechnungsfähigkeitsatteste aus.

Die Bande soll wie folgt vorgegangen sein: Einige Mitglieder waren damit beauftragt, ältere, alleinstehende und vorzugsweise nicht-muslimische Personen ausfindig zu machen. Danach hat man Haushaltshilfen in die betreffende Haushalte eingeschleust, um das Vertrauen der hilflosen Senioren zu erschleichen. Nach kurzer Zeit wurden die Opfer entführt und dahingehend erpresst, der Bande ihren Grundbesitz zu überschreiben. Bei den Opfern, die sich weigerten, wurde der "Schweineknoten" angewandt, der auch von der türkischen Terrororganisation "Hizbullah" bei ihren Morden verwendet wird. mehr...

Neuer türkischer Satellit ins Weltall geschossen

Der neue türkische Satellit "Türksat 3A" ist in Französisch-Guayana ins All geschossen worden.

Der neue Satellit soll es ermöglichen, die angebotenen TV- und Radioprogramme mit kleineren Empfangschüsseln als bisher üblich zu empfangen. Neben den klassischen Rundfunkangeboten wird Türksat 3A auch für Datenübertragungen im Bereich Internet und Telefonie genutzt werden. Der künstlich Trabant, dessen Einsatzdauer mit 20 Jahren angegeben wird, soll die Gebiete Europa, Naher Osten, Nordafrika, Zentralasien und China mit entsprechenden Signalen beliefern.

Wie Verkehrs- und Kommunikationsminister Binali Yıldırım sagte, soll das US$ 200 Mio. teure Gerät in zehn Tagen einsatzbereit sein. An der Produktion des Satelliten waren 22 türkische Ingenieure beteiligt. Diese Quote soll bei dem für 2011 geplanten Start des Türksat 4A noch erhöht werden, um den für 2014 geplanten Türksat 5A in kompletter Eigenregie produzieren zu können. Um die Kosten für den Weltraumtransport gering zu halten, wurde zeitgleich mit Türksat 3A der britische Satellit SKYNET transportiert. mehr...

Türkisches Parlament sucht die Entspannung

Parlamentspräsident Köksal Toptan (AKP) sucht derzeit nach Wegen und Strategien, die immer angespanntere Atmosphäre im türkische Hohen Haus, die sich bisweilen in Handgreiflichkeiten niederschlägt, zu entspannen.

So hat Köksal den Vorschlag eines Gipfeltreffens ins Gespräch gebracht, bei welchem die Spitzen der im Parlament vertretenen Parteien im kleinen Kreis die herrschenden Spannungen ausdiskutieren und zu einer zivilisierteren Gesprächskultur zurückfinden sollen. Im Vorfeld dieses Gipfels hat Toptan nun einen Mini-Gipfel zur Vorbereitung der eigentlichen Gesprächsrunde abgehalten und um konkrete Vorschläge gebeten. Neben Toptan und den Präsidiumsmitgliedern Nevzat Pakdil, Eyüp Cenap Gülpınar, Güldal Mumcu und Meral Akşener waren als stellvertretende Fraktionsvorsitzende der einzelnen Parteien Nihat Ergün (AKP), Kemal Kılıçdaroğlu (CHP), Oktay Vural (MHP) und Selahattin Demirtaş (DTP) anwesend.

Wie bekannt wurde, hat der Vorschlag von Nihat Ergün für einiges Gelächter gesorgt. So schlug der Politiker vor, dass die Parteivorsitzenden mit ihren Gattinnen gegenseitige Hausbesuche durchführen sollten. Nach einer kurzen Lachpause machte Kemal Kılıçdaroğlu geltend, dass zwischen der AKP und der CHP ein immenses Vertrauensproblem bestünde. Nach Beispielen gefragt, gab er an, dass sich die AKP nicht für Unterstellungen gegenüber dem CHP-Generalsekretär Önder Sav sowie eine Beleidigung des zweiten Staatspräsidenten Ismet Inönü entschuldigt habe. Außerdem wies er auf die parlamentarischen Konsultationen zur Reform des türksichen Rundfunkstaatsvertrags hin, während derer der Vorsitzende der staatlichen Rundfunkanstalt İbrahim Şahin die Abgeordneten der AKP darum gebeten habe, ihn vor den eindringlichen Fragen der CHP in Schutz zu nehmen. Ferner bekämen die Abgeordneten der AKP ihre Reden fertig ausgedruckt vom Ministerpräsidenten und würden sich damit begnügen, diese eins zu eins zu verlesen.

Oktay Vural von der MHP machte hingegen sowohl die AKP als auch die CHP für die Aggressivität im Parlament verantwortlich und fügte hinzu, dass die diesbezüglich auffälligsten Abgeordneten immer in den vorderen Reihen Platz nähmen, um freie Bahn für ihre Provokationen zu haben. mehr...

Verfügungsurteil des Verfassungsgerichts im Staatsanzeiger veröffentlicht

Das türkische Verfassungsgericht hat per Anzeige in der "Resmi Gazete", dem türkischen Staatsanzeiger, die Umsetzung der von der AKP beschlossenen Verfassungsänderung, mit der das Tragen von Kopftüchern an Universitäten erlaubt werden sollte, gestoppt.

In der Meldung hieß es, dass mit Erscheinen der Anzeige die Umsetzung der Verfassungsänderung bis zur Publikation des schriftlichen Urteils im Hauptverfahren auszusetzen sei. Das Urteil war dem Antrag der Oppositionsparteien CHP und DSP entsprechend zweistufig angelegt. Das Aussetzungsurteil entspricht somit einer einstweiligen Verfügung zum Stopp der Anwendung der Verfassungsänderungen. Das Urteil im Hauptverfahren zu den zwei geänderten Verfassungsartikeln war mit 9 zu 2 Stimmen gefällt worden. Der Aussetzungsantrag ist jedoch einstimmig beschlossen worden.

In dem Urteil heißt es: "Das am 09. Februar 2008 beschlossene Gesetz Nr. 5735 zur Änderung einiger Artikel der türkischen Verfassung ist am 05. Juni 2008 per Urteil mit dem Aktenzeichen E.2008/16, K.2008/116 aufgehoben worden. Um vor unabsehbaren und nicht mehr revidierbaren Folgen, die durch die Umsetzung dieses Gesetzes entstehen können, vorzubeugen, darf das Gesetz nicht umgesetzt werden, bis das entsprechende schriftliche Urteil in der Resmi Gazete veröffentlicht wurde. Dieser Beschluss wurde einstimmig gefasst." mehr...