Dienstag, 17. Juni 2008

Erdogans Fussball-Trick

Ministerpräsident Erdogan ist im Zuge der Vorbereitungen seiner Partei für die Kommunalwahlen im März 2009 fest entschlossen, auch in Izmir zu gewinnen.

Nun hat er einen entscheidenden Schritt seiner Strategie entblößt. So soll die Stadt einen Fussballclub erhalten, der in der ersten türkischen Liga, der Süperlig, spielt. Insbesondere deutsche Leser werden sich jetzt fragen, ob so etwas nicht auf dem sportlichen Wege entschieden wird. Damit haben sie - wie in der Türkei so oft - nur teilweise Recht.

In der Süperlig spielen in der nächsten Saison mit Ankaraspor und İstanbul B.Şehir Belediyespor gleich zwei Vereine, die örtlichen Stadtverwaltungen gehören. Nun hat Erdogan einer Meldung der Zeitung "Vatan" zufolge engen Mitarbeitern mitgeteilt, wie er sich die Zukunft des türkischen Fussballs vorstellt und gleichzeitig in Izmir die Wahlen gewinnen will.

Die Stadtverwaltungen sollten sich eigentlich aus dem professionellen Fussball zurückziehen. So wollte der Bürgermeister von Ankara den verwaltungseigenen Club Ankaraspor vor geraumer Zeit verkaufen. Als Preis lancierte er in den Medien 30 Mio. YTL. Wie bekannt wurde, ist Erdogan entschieden gegen diese Idee und möchte vielmehr, dass Ankaraspor sein Recht auf die Spielberechtigung in der Süperlig an den Verien Göztepe aus Izmir abgibt. Dazu ist lediglich eine außerordentliche Versammlung nötig, auf der Ankaraspor offiziell angibt, numehr für Göztepe spielen zu wollen.

Auch den Istanbuler Stadtteil Kasımpaşa, indem Erdogan geboren wurde und aufwuchs, möchte der umtriebige Premier auf ähnliche Art begünstigen. So soll İstanbul B.Şehir Belediyespor mit dem gleichen Manöver wie Ankaraspor mit Kasımpaşaspor fusionieren, um in der nächsten Saison als Kasımpaşaspor aufzutreten. mehr...

Izmir ist modern, aber ohne Bühne

Tadatsugu Sasaki, der Gründer und Leiter des Tokioter Ballets, hat nach dem Auftritt seines Ensembles beim "Internationalen Kunst- und Kulturfestival Izmir" gesagt, dass Izmir eine moderne, westliche Stadt sei, die ihr europäisches Gesicht zeige, sobald man am Flughafen ankomme.

Allerdings sei es schade, dass eine Stadt, die über eine so moderne Infrastrukt verfüge, den Einwohnern Izmirs keine eigene Bühne für die Darstellenden Künste biete. Das Tokioter Ballet zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass es neben den Klassikern auch neo-klassische Werke sowie eigens für das Ensemble verfasste Kompsitionen tanzt.

Im Rahmen des Festivals in Izmir tanzte die Formation ein Werk von Maurice Bejart, an dem es die Exklusivrechte besitzt. Die Aufführung fand auf der Open-Air-Bühne auf dem Messeglände statt. mehr...

DocumentarIst - Dokumentarfilmfestival in Istanbul

Vom 8.-13. Juli findet in Istanbul erstmalig das Dokumentarfilmfestival "DocumentarIst" statt.

Die Veranstaltung im Französischen Kulturzentrum wird vom Avrasya Kunstkollektiv veranstaltet und vom Französischen Kulturzentrum, der Bosporus Universität, dem British Council, GarajIstanbul, der Istanbuler Stadtverwaltung und dem Verband der Filmkritiker SIYAD unterstützt.

Als besonderes Highlight werden die im Rahmen des "Hot Docs"-Festivals, welches vom Verantwortlichen für Dokumentationen der BBC, Nick Fraser, veranstaltet wird, in verschiedenen Sparten ausgezeichneten Dokumentationen dem türkischen Publikum präsentiert.

Hier eine kleine Auswahl der präsentierten Dokus:

Die lyrische Dokumentation "Alguna Tristeza" des Peruaners Juan Alejandro Ramirez, der beim "San Diego International Film Festival" als bester experimenteller Film ausgezeichnet wurde.

"The Monastery-Mr. Vig and The Nun", der u.a. beim Amsterdemer Dokumentarfilm-Festival den "Joris Ivens"-Preis erhielt und in Chicago den "Großen Preis" erhielt und als einer der erfolgreichsten Dokumentarfilme der vergangenen Jahre gilt.

"To See, If I´m Smiling" des israelischen Regisseurs Tamar Yalom, der beim Amsterdemer Dokumentarfilm-Festival den "Silver Wolf"-Preis und den Zuschauerpeis erhielt, sowie beim Hot Docs den besonderren "Preis der Jury".

"Quien Soy Yo" von Estela Bravo aus Kuba, der beim "Havana Film Festival" gleich drei Preise abräumte.

"M" von Nicolas Prividera, der beim "Mar Del Plata Film Festival" die Preise "FIPRESCI" und "Ernsesto Ché Guevara" erhielt.

"Black Sun", der bei den "Independent British Film Awards" als beste Dokumentation ausgezeichnet wurde und mit einer aufregend anderen Ästhetik daherkommt.

"Pleas Vote For Me", der für die Reihe "Why Democracy?" der BBC produziert wurde, und beim "Silverdocs Film Festival" den "Sterling Film"-Preis gewann.

Beim Festival soll ferner eine Sektion mit in der Türkei produzierten Dokumentationen Auskunft über den Stand der türkischen Szene geben. mehr...

Erdogans Verteidigungsschrift für das Verfassungsgericht liegt vor

Ministerpräsident Erdogan hat dem Verfassungsgericht seine 152-seitige Verteidigungsschrift zukommen lassen. Leser, die des Türkischen mächtig sind, können das Dokument in voller Länge hier einsehen.

Der Grundtenor der Verteidigung ist der, dass 60 der 61 vorgebrachten Vorwürfe Meinungsäußerungen gegenüber Medien seien. Somit fielen diese Äußerungen unter die in der Verfassung verankerte Meinungsfreiheit. Nach Absatz 6 des 69. Artikels der Verfassung sei es nur unter sehr engen und genau einzugrenzenden Bedingungen möglich, eine politische Partei aufgund der Aktivitäten einzelner Mitglieder zu schließen. Diese Bedingungen seien nicht gegeben. Ferner beziehe sich der Generalstaatsanwalt auf Berichte und Interviews in ausländischen Medien, als Beweismittel fänden sich jedoch nur türkische Meta-Berichte über diese Meldungen und keine Übersetzungen der Originalbeiträge.

Der Ministerpräsident habe sich bezüglich des Vorwurfs, die AKP sei zum Zentrum antilaizistischer Kräfte geworden, nichts zu Schulden kommen lassen. mehr...

Neues türkisches Datenschutzgesetz

Im Zuge der Harmonisierung des türkischen Rechtsbestandes mit dem Acquis Communautaire, dem gemeinschaftlichen Besitzstand der Europäischen Union, wird in der Türkei über ein neues Datenschutzgesetz verhandelt.

Das als Gesetzesentwurf vorliegende Datenschutzgesetz schreibt eine strikte Kontrolle der persönlichen Daten vor, und bündelt erstmals die Datenschutzvorschriften im privaten und öffentlichen Sektor unter den selben Bestimmungen. So gibt es nunmehr detaillierte Vorschriften, wie mit welchen Daten von wem umgegangen werden soll. Als oberstes Kontrollorgan sieht der Entwurf eine siebenköpfige Datenschutzkommission vor, die vom Kabinett bestimmt und gewählt werden soll.

Die Gendarmerie hat in einer schriftlichen Erklärung Änderungswünsche an der Gesetzesvorlage angemeldet. Insbesondere die Abhängigkeit des Kontrollgremiums von der aktuellen politischen Führung bereitet der militärischen Polizeikraft Bedenken. So begünstige die gegenwärtig vorgesehen Regelung eine Verkaderung des Gremiums. Als Alternative schlägt die Gendarmerie-Führung vor, die einzelnen Mitglieder aus ihren angestammten Berufsgremien heraus bestimmen zu lassen, so z.B. die Juristen vom Türkischen Hochschulrat YÖK. Leider ist auch dieses Gremium schon längst in der Verkaderung begriffen.

Durch die strikteren Vorgaben für die Weitergabe und Verarbeitung persönlicher Daten sieht sich die Gendarmerie insbesondere in ihrer Aufgabe behindert, Straftaten zu vereiteln und fordert weitreichende Vollmachten in diesem Bereich. Es wird erwartet, dass auch die regulären Polizeikräfte sowie der Geheimdienst Ansprüche anmelden werden. mehr...

Rien Pina Plus - In Pina geht nichts mehr

Die am 5. Mai angekündigte harte Hand des Staates gegen die MNG Holding, die auf der Pina-Halbinsel ein 1200-Betten-Resort baut, und den Aushub einfach an der unter Naturschutz stehenden Küste entsorgt, gerät immer mehr zur Farce.

Wie nun bekannt wurde, haben sowohl das Finanz-, als auch das Tourismusministerium der Bausparte der Holding eine Vorerlaubnis ausgestellt, die gleichbedeutend mit einem "Weiter so!" ist. Nur zur Erinnerung: Am 5. Mai hatte der stellvertretende Gouverneur von Muğla Mehmet Hulusi Kaya noch gesagt, dass man die Firma ultimativ zur Wiederherstellung der ursprünglichen Küstenlinie aufgefordert habe und ein Bußgeld in Höhe von 46.500 YTL ausgesprochen habe. Direkt nach Bekanntwerden des Skandals erhielt die MNG Holding vom Regionalpräsidium und dem örtlichen Direktorat für den Tourismus eine Auszeichnung für Verdienste um den Fremdenverkehr. Den Preis nahm Sinan Karaağaçlı, der Leiter der Bausparte, entgegen, der mit den Worten zitiert wurde, dass man eine große Firma sei und die notwendigen Genehmigungen so oder so erhalten werde.

Die örtlichen Umweltschutzverbände verstehen die Welt nicht mehr.

Der Sprecher der Umweltorganisation "Umweltkrieger" Murat Çetinbaş sagte, dass ihm unverständlich sei, warum man einer Firma, die gegen fast alle denkbaren Umweltschutzauflagen und damit zusammen hängende gesetzliche Bestimmungen verstosse, die Möglichkeit einräume, ihre Aktivitäten zu legalisieren.

Der stellvertretende Vorsitzende der Jagd- und Naturschutzstiftung Süha Umar sagte, dass man zutiefst verletzt sei, da mit der Vorerlaubnis ein Unternehmen ausgezeichnet worden sei, bezüglich dessen man eigentlich mit einer Bestrafung gerechnet habe. Das in Pina Geschehende sei von einer weltweit gültigen Hässlichkeit.

Der Vorsitzende der Bodrumer Seehandelskammer Gündüz Nalbantoğlu sagte, dass ein Boot, welches eine Plastiktüte mit Müll im Meer ablade 5.000 YTl Strafe erhalte. Nun erlebe man einen Fall, in dem ein Unternehmen tausende Tonnen Aushub und Abraum einfach so im Meer versenke, richtiggehend witzige Geldstrafen erhalte, und mit einer Vorerlaubnis auch noch belohnt werde.

Alle Beteiligten scheinen, frei nach "Blood Diamond", eines Vergessen zu haben:

T I T...This Is Turkey! mehr...