Freitag, 27. Juni 2008

Türmen: Keine konkrete Bedrohung durch die AKP

Der ehemalige Richter am Europäischen Menschengerichtshof Rıza Türmen hat in einem Interview mit dem Sender "CNN Türk" gesagt, dass es schwer sei, im Verbotsverfahren gegen die AKP konkrete und hinreichend gewichtige Tatbestände auszumachen.

Türmen wies darauf hin, dass für den Europäischen Menschengerichtshofs immer die Demokratie als Richtschnur gegolten habe. Wenn das türkische Verfassungsgericht sich jedoch nur auf die Laizität als schützenswertes Rechstgut beschränke, bestehe die Gefahr, dass ein Verbotsurteil vor dem Europäischen Menschengerichtshof nicht bestehen könne. Es müsse in einem solchen Urteil unbedingt auf die Gefahren für die Demokratie eingegangen werden.

Auf die Frage, ob das Verfassungsgericht in europäischen Justizkreisen als voreingenommen und parteiisch gelte, antwortete Türmen, dass dem nicht so sei. Er wies vielmehr darauf hin, dass der Europäische Menschengerichtshof in der Frage der Klage von Leyla Şahin, wo es um das Kopftuch ging, oder des Verbotsurteils gegen die Refah-Partei von Necmettin Erbakan, dem Vorläufer der AKP, der selben Auffassung wie das türkische Verfassungsgericht gewesen sei. Dies müsse als Zeichen des Respekts und der Achtung vor dem höchsten türkischen Gericht aufgefasst werden.

Der gestern von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats angenommene Türkei-Bericht zeuge hingegen von einer gewachsenen Skepsis vor den politischen Strukturen in der Türkei. So habe der Europarat vor vier Jahren festgestellt, dass die Türkei erhebliche Fortschritte gemacht habe und in den meisten strittigen Fragen auf europäischem Niveau sei. Die in dem neuen Bericht angeregte strengere Überwachung der Türkei sei sicherlich eine Reaktion auf Verbotsverfahren, die gleich gegen zwei türkische Parteien liefen. mehr...

JP Morgan: Erdogan könnte bei Betätigungsverbot angeklagt werden

Das amerikanische Bankhaus JP Morgan hat einen neuen Bericht veröffentlicht, wonach Ministerpräsident Erdogan im Falle eines politischen Betätigungsverbots eine Anklage wegen diverser Vergehen erwarten könnte.

So sind bei der Türkischen Großen Nationalversammlung sogenannte Immunitätsakten hinterlegt, die im Fall eines Betätigungsverbots zum Gegenstand juristischer Verfahren werden könnten. Nicht nur Erdogan, sondern auch 7 weitere Abgeordnete der AKP sind im Fall eines Betätigungsverbots von Verfahren bedroht. In dem Moment, in dem ein Urteil über ein politisches Betätigungsverbot im Staatsanzeiger "Resmi Gazete" veröffentlicht wird, erlischt nach türkischem Recht die Immmunität der betreffenden Person(en).

Laut JP Morgan dürfen folgende Parlamentarier im Falle eines entsprechenden Urteils des Verfassungsgerichts mit juristischen Konsequenzen rechnen:

Akif Gülle (Wahlkreis Amasya): Verstoß gegen das Gesetz über Ausschreibungen Nr. 2886

Dengir Mir Mehmet Fırat (Adana): Volksverhetzung, Beleidigung

Asım Aykan (Trabzon): Mißbrauch des Amtes

Sadullah Ergin (Hatay): Verstoß gegen das Wahlgesetz Nr. 298

Nihat Ergün (Kocaeli): Verstoß gegen das Wahlgesetz Nr. 298

Idris Naim Şahin (Istanbul): Absprache bei Ausschreibungen, Urkundenfälschung, Aufbau einer Organisation mit kriminellen Absichten

Eyüp Fatsa (Ordu): Verstoß gegen das Wahlgesetz Nr. 298, Abfeuern von Schusswaffen

Gegen Ministerpräsident Erdogan liegen folgende Anschuldigungen vor:
Amtsmißbrauch, Urkundenfälschung, Bilanzfälschung, Aufbau einer kriminellen Organisation

Die Anschuldigungen wegen Urkundenfälschung und des Aufbaus einer kriminellen Organisation entstammen dem Prozesss um die Einführung des sogenannten intelligenten Tickets "AkBil" in der Türkei, einer neuen Form des Fahrscheins für öffentliche Personenbeförderungsmittel. Im Zuge der Ausschreibung und der Abwicklung dieses Systems ist es zu erheblichen Unregelmäßigkeiten gekommen. Die Anklagen gegen die unter Immunität befindlichen Personen wurden seinerzeit vorerst eingestellt. mehr...

Veruntreuung bei der CHP

Das türkische Verfassungsgericht hat bei einer Revision der Parteikasse der CHP Unregelmässigkeiten für die Jahre 1998, 2004 , 2005 und 2006 entdeckt.

Das Gericht hat nun einen Strafantrag wegen Veruntreuung gegen die Verantwortlichen der Partei gestellt. So stellte das Gericht fest, dass 1998 35.386.533.000 alte türkische Lira, im Jahr 2004 267.860 neue türkische Lira (YTL), 2005 161.620 YTL und 2006 465.660 YTL an Ausgaben erfolgten, deren Verwendung unklar oder nicht belegt seien. Das Gericht verfügte, dass Parteivermögen in Höhe der veruntreuten Beträge bis zum Ausgleich der Bilanz in die Treuhand des Staates übergeht. mehr...