Montag, 19. Januar 2009

Erdogan: 2009 – das Jahr der EU-Attacke

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat in einer Rede vor dem Zentrum für Europäische Politik in Brüssel seine Hoffnung geäußert, dass die Beitrittsverhandlungen zwischen der Türkei und der EU 2009 mit erhöhter Geschwindigkeit fortgesetzt werden.

Erdogan hielt sich das erste Mal seit vier Jahren wieder in Brüssel auf. In seiner Rede vor dem Zentrum für Europäische Politik betonte Erdogan, dass der EU-Beitritt die oberste Priorität auf der türkischen Agenda innehabe. Er hoffe, dass die Beitrittsverhandlungen unter der tschechischen und schwedischen Ratspräsidentschaft zügiger fortgeführt würden.

Mit der Benennung eines neuen Chefunterhändlers für die Beitrittsverhandlungen habe die Türkei einen wichtigen Schritt vollzogen, weitere würden zügig folgen, so der Premier. Auf den Vorwurf, dass der türkische Reformeifer erlahmt sei entgegnete Erdogan, dass 2007 und 2008 mehr als 30 „Reformgesetze“ das türkische Parlament passiert hätten, darunter die Reform des umstrittenen Paragrafen 301 des türkischen Starfgesetzbuches sowie das reformierte Gesetz über Stiftungen.

Von der EU forderte Erdogan eine Behandlung unter den gleichen Bedingungen, die auch für andere Mitgliedskandidaten gelten. So sagte er nach Angaben von NTV weiterhin: „Wir wollen nicht in die EU um eine Belastung zu sein, sondern um sie zu entlasten. Unsere Mitgliedschaft wird für alle vorteilhaft sein.“

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In Memoriam: Hrant Dink

Heute vor zwei Jahren wurde Hrant Dink, der Chefredakteur der türkisch-armenischen Zeitung AGOS, vor den Räumen seiner Redaktion in Istanbul bei einem feigen Anschlag hinterrücks erschossen. In der Türkei finden zahlreiche Solidaritätsbekundungen für Dink und seine Familie statt. Die Ermittlungen zu den Tätern blieben lange Zeit auf eine kleine Gruppe aus Trabzon beschränkt, die sich im Umfeld der ultranationalistischen Partei BBP organisierte – die Hintermänner blieben unerkannt. Nun deutet sich eine Wende an: Der damalige Kommandeur der Trabzoner Gendarmerie Ali Öz wird angeklagt und gegen den ehemaligen Polizeichef Ramazan Akyürek wird ermittelt.

Genau zwei Jahre nach dem Anschlag auf Hrant Dink werden sich die Mitglieder der „Gruppe derer, die Gerechtigkeit für Hrant will“ um 14.30 Uhr Ortszeit (13.30 Uhr nach deutscher Zeit) vor der AGOS-Redaktion versammeln. Um 20.30 Ortszeit wird im Lütfi Kırdar Kongresszentrum eine Gedenkfeier zu Ehren Dinks veranstaltet.

Ein Initiative, die sich als „Kreative Protestgruppe“ bezeichnete, hat mit ihrer Aktion bei den anwesenden Journalisten und der Polizei für reichlich Verwunderung gesorgt. Die Gruppe versammelte sich vor dem Galatasaray-Gymnasium. Als das Geräusch eines Schusses ertönte, gaben einige der Gruppenmitglieder einen Schrei von sich und ließen sich auf den Boden fallen. Nach einer Minute lautlosen Ausharrens ertönte eine Sirene. Die Liegenden erhoben sich darauf hin, mischten sich unter die Anwesenden und verschwanden kurze Zeit später.


Quelle:Radikal

Die Ermittlungsbehörden arbeiten sich derweil an die Hintermänner des Anschlags heran. So belegen Aktennotizen, dass die Gendarmerie in Trabzon schon Monate vorher von den Anschlagsplänen unterrichtet war. Während gegen den damaligen Gendarmeriekommandanten Ali Öz und den Polizeichef Ramazan Akyürek nun Anklage erhoben wird, hat das türkische Innenministerium keine Erlaubnis für Ermittlungen gegen die Istanbuler Polizeibehörde erteilt. Diese war in die Kritik geraten, weil herauskam, dass man Hrant Dink herbeizitiert und „gewarnt“ habe. Der Vorwurf an die Behörde lautet, dass man trotz Kenntnis von Anschlagsplänen nichts für Dinks Sicherheit getan habe.

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