Montag, 30. Juni 2008

Hrant Dinks erstes Buch

Die liberale türkische Stiftung für wirtschaftliche und soziale Studien TESEV hat die Schriften, die der ermordete türkisch-armenische Publizist, Journalist und Autor Hrant Dink für die Organisation verfasste, gemeinsam mit der nach Dinks Tod aufgebauten "Hrant-Dink-Stiftung" als Buch herausgegeben.

Dink, der Zeit seines Lebens immer wieder bedauerte, dass er noch kein Buch geschrieben habe, wurde somit postum zum Buchautor. In dem Werk mit dem Titel "Zwei nahe Völker, zwei entfernte Nachbarn" betont Dink, dass der fruchtbarste Weg, die türkisch-armenische Vergangenheit zu bewältigen darin liege, eine gemeisame Zukunft für beide Völker aufzubauen.

Das Buch, welches auch auf Armenisch und Englisch übersetzt werden soll, kann hier erworben werden. mehr...

Verbotsverfahren gegen die AKP kommt in die heiße Phase

Der Generalstaatsanwalt beim Verfassungsgericht Abdurrahman Yalçınkaya wird dem zuständigen Senat des höchsten türkischen Gerichts morgen um 10.00 Uhr türkischer Zeit seinen Antrag auf Schließung der AKP mündlich darlegen.

Die AKP wird sich am 3. Juli ebenfalls mündlich verteidigen. Für ein gültiges Urteil müssen 7 der 11 Senatsmitglieder für ein Verbot der AKP stimmen. mehr...

Wie viele US-amerikanische Atomwaffen gibt es in der Türkei?

Die "Federation of American Scientists" hat in einer Studie festgehalten, dass die USA ihre Atomwaffen in Europa vornehmlich im Süden des Kontinents konzentrieren.

So weist die Institution darauf hin, dass etliche Atomwaffen aus dem deutschen Rammstein und dem britischen Lakenheath abgezogen worden seien. Momentan befänden sich auf folgenden Stützpunkten Atomwaffen:

Kleine Brogel (Belgien): 10-20
Büchel (Deutschland): 10-20
Volkel (Niederlande): 10-20
Aviano (Italien): 50
Ghedi Torre (Italien): 20-40
Incirlik (Türkei): 50-90

Eine detaillierte Übersicht ist hier verfügbar. Der CHP-Abgeordnete Ahmet Ersin aus Izmir hat eine parlamentarische Anfrage an Verteidigungsminister Vecdi Gönül gerichtet, in der er um Auskunft darüber ersucht, wie viele US-amerikanische Atomwaffen sich auf türkischem Territorium befinden. mehr...

Gründung der Türkischen Grünen Partei

Die türkischen Grünen haben dem Innenministerium nach einer annähernd 6-jährigen Gründungsphase ihren Gründungsantrag zukommen lassen und wollen als 57. Partei der türkisch-republikanischen Geschichte einen neue politische Alternative bilden.

Die beiden Sprecher Bilgi Contepe und Ümit Şahin sagten, dass in der Türkei der Weg für die Demokratie wieder frei gemacht werden müsse. Dazu wolle die neue Partei mit einer pazifistischen und ökologisch orientierten Politik beitragen. Auch die türkischen Grünen übernehmen das Modell der beiden gleichberechtigten Sprecher anstelle eines Vorsitzenden. Die Frauenquote soll bei annähernd 50% liegen. Über 100 Künstler, Umweltaktivisten und Intellektuelle haben die Gründung der Partei in diversen Zeitungsanzeigen begrüßt. mehr...

A&G präsentiert neue Umfrageergebnisse zum türkischen Wählerverhalten

Das türkische Meinungsforschungsunternehmen A&G Research hat für die Zeitung "Milliyet" erstmals nach dem negativen Urteil des Verfassungsgerichts zum Tragen von Kopftüchern eine Umfrage zum politischen Verhalten der türkischen Wähler durchgeführt.

Die AKP hat seit Januar konstant an Stimmen verloren. So wollten Anfang des Jahres noch 54,2% der Befragten die Partei unter der Führung von Ministerpräsident Erdogan wählen. Bei einer Umfrage im Mai, die die A&G für die schweizerische Crédit Suisse durchführte, waren es nur noch 39,7%. Nach Bekanntgabe des negativen Urteils des Verfassungsgerichts zu den Verfassungsänderungen, mit denen das Tragen von Kopftüchern an Universitäten und im öffentlichen Dienst legitimiert werden sollte, stieg der Prozentsatz nun doch auf 43,4%. Der Anteil derer, die für eine AKP ohne Erdogan stimmen würden, stieg ebenfalls auf 65,9%. Im Mai waren dies noch ca. 61%.

Neben der AKP, die bei der Sonntagsfrage mit 30,3% führend ist, kommen die CHP auf 12,7% und die MHP auf 11,7%. Überträgt man den Prozentsatz der Unentschlossenen anteilig auf die politische Parteien, ergibt sich ein Gesamtergebnis von 43,4% für die AKP, 18,1% für die CHP und 16,8% für die MHP. mehr...

Nachtrag: Ärger der CHP mit der Sozialistischen Internationalen

Wie soeben bekannt wurde, hat auch der populäre Bürgermeister des Istanbuler Bezirks Şişli, Mustafa Sarigül, der 2005 aus der CHP ausgeschlossen wurde, einen Brief an die Sozialistische Internationale (SI) geschrieben, in der er der Parteiführung vorwirft, die sozialdemokratische Basis der Partei nicht mehr zu vertreten.

Als Gründe für die Unstimmigkeiten zwischen der CHP und der SI werden der autoritäre Führungsstil Baykals sowie die Agitationen der Parteiführung genannt, die einen Militärputsch teilweise unverhohlen befürwortete. mehr...

Atatürks "Appell an die türkische Jugend" stammt gar nicht von Atatürk

Wie der Journalist Oral Çalışlar in seinem neuen Buch "Liderler Hapishanesi, 12 Eylül Günlükleri" (zu deutsch: "Das Gefängnis der Führer, Tagebücher des 12. Spetember") schreibt, hat der ehemalige Vorsitzende der CHP Bülent Ecevit aus dem Munde Ismet Inönüs erfahren, dass der berühmte und in der Türkei allgegenwärtige "Appell an die türkische Jugend" ("Gençliğe Hitabe") nicht wie bisher angenommen von Atatürk, sondern von Inönü selbst stammt.

Çalışlar beschreibt in seinem Buch die Umstände der Sicherheitsverwahrung, die nach dem Militärputsch des 12. Sptember 1980 für die Führer der politischen Parteien und kritische Journalisten angeordnet wurde. So wurde insbesondere das Sprachen- und Nachrichtendienstzentrum der Armee in Ankara zum Gefängnis für die politische Elite umfunktioniert. Hier sassen neben Bülent Ecevit und Oral Çalışlar auch Necmettin Erbakan, der Gründer und Führer diverser religiös inspirierter Bewegungen wie z.B. "Milli Görüş", und Alparslan Türkeş, der Gründer und Vordenker der MHP, ein. Während der täglichen Freigänge hatten die Insassen die Gelegenheit, sich intensiv auszutauschen.

Çalışlar beschreibt zum Beispiel ein Gespräch zwischen dem Sozialdemokraten Ecevit und dem Völkisch-Nationalen Türkeş über die Falkland-Krise. So hätte sich Türkeş in ein Gespräch zwischen Ecevit und Çalışlar eingebracht und Ecevit gefragt, ob er Argentinien oder Großbritannien unterstütze. Ecevit habe geantwortet, dass ihm die Wahl sehr schwer falle, da Argentinien eine faschistische Diktatur sei, Großbritannien hingegen ein imperialistischer Akteur. Daraufhin habe Türkeş geantwortet: "Argentinien soll besiegt werden, mein Herr. Somit wird der Diktator an seiner Spitze gestürzt, und vielleicht auch der Faschismus besiegt."

Eine noch viel interessantere Gesprächsnotiz bezieht sich auf eine Anekdote Ecevits. Dieser habe von Ismet Inönü, dem alten Weggefährten Atatürks, erfahren, dass der "Appell an die türkische Jugend", die bislang immer Atatürk zugeschrieben wurde, und die sich im Anhang seiner "großen Rede", dem "Nutuk", befindet, von Inönü selbst stamme. So habe Atatürk Inönü das Manuskript des "Nutuk" vorgelegt und um seine Meinung gebeten. Inönü habe Atatürk vorgeschlagen, den Schlussteil zu redigieren und als seperaten Appell an die Jugend zu verfassen. Daraufhin habe Atatürk Inönü gebeten, diesen Teil selbst zu Papier zu bringen. An der von Inönü verfassten Version habe Atatürk nichts mehr geändert. mehr...

CHP: Ärger mit der Sozialistischen Internationale

Die Republikanische Volkspartei CHP hat Ärger mit der Sozialistischen Internationale (SI).

Auf Betreiben führender Sozialdemokraten aus Deutschland und Skandinavien wird zur Zeit geprüft, ob die Politik der CHP konform mit den Zielen der Internationale ist. So gibt es seit etwa einem Jahr Bestrebungen, die von Atatürk gegründete Partei aus dem Verbund der sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien auszuschließen. Doch auch die AKP betreibt hinter den Kulissen eine Kampagne gegen die Mitgliedschaft der CHP und empfiehlt statt dessen sich selbst als Mitglied.

Der Parteivorsitzende der CHP Deniz Baykal, der u.a. neben Kurt Beck, Tony Blair und François Hollande stellvertretender Vorsitzender der SI ist, hat trotz intensiver Benühungen nicht verhindern können, dass das Thema auf dem heute beginnenden 23. Kongress der SI in Athen auf den Tisch kommen wird. So schickte Baykal seinen Emissär, den ehemaligen Türkischen Botschafter in Deutschland Onur Öymen, zum SI-Vorsitzenden Yorgo Papandreu, dem Vorsitzenden der griechischen PASOK. Dieser wies jedoch in dem Gespräch darauf hin, dass ihm die Hände gebunden seien. Wenn ein entsprechender Antrag von Seiten der Delegierten komme, dann müsse strikt nach der Satzung verfahren werden.

Deniz Baykal zog es darauf hin vor, in der Türkei zu bleiben und seine Aufgaben als stellvertretender Vorsitzender in Athen nicht wahrzunehmen. Stattdessen nahm Baykal am Maulbeeren-Festival der Gemeinde Ayaş teil. mehr...