Mittwoch, 14. Mai 2008

Buchtipp: Die Wahrheit über die Lügen


Es gibt wohl kaum ein Land auf der Erde, in dem so viele Halb- und Unwahrheiten über die EU in Umlauf gebracht werden wie in der Türkei. Umso erfreulicher ist es, dass sich Dr. M. Hakan Keskin die Mühe gemacht hat, diese zusammenzutragen und zu widerlegen.

Die Unterstellungen gegenüber der EU divergieren von "Die wollen uns unter sich aufteilen", über "Die sind ein Christenclub" und "Die EU agiert gegen den Willen der sie konstituierenden Völker" bis zu "Die wollen den Südosten zur Unabhängigkeit führen". Dabei ist die ganze Polemik von einer erstaunlichen Unkenntnis der wahren Mechanismen, die die EU antreiben, gekennzeichnet.
Diese fast schon schmerzhafte Wissenslücke füllt Dr. Keskin mit seinem Buch, welches im Verlag "Nobel" erschienen ist und zum Preis von 15 YTL erhältlich ist.
ISBN: 978-605-395-110-0
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Neuer Istanbul-Reiseführer von Merian

Die rührige Autorin Dilek Zaptcioglu hat für Merian einen neuen Reiseführer über Istanbul verfasst. Mehr als das Cover kann ich Euch momentan leider nicht bieten:



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Meinungsfreiheit á la Erdogan

Der türkische Ministerpräsident Erdogan gebiert sich in Europa gerne als Hüter der Meinungsfreiheit.

Wie er es in seiner Heimat damit hält, belegt ein heute bekannt gewordener Zwischenfall in Antalya. Bei einem Besuch des Ministerpräsidenten in Antalya am 11. Mai hat der im Tourismus-Sektor arbeitende 46-jährige Ertuğrul Sağlam mit harmlosen Aussagen wie "Die neue Rentenverordnung wird unsere Verarmung bedeuten und sie sind schuld daran" gegen den Politiker protestiert.

Draufhin hätten Erdogans Leibwächter ihn umstellt, ihm die Augen verbunden und ihn in ein ziviles Polizeiauto gezerrt. Dort hätte man ihm einen Sack über den Kopf gestülpt und ihn während einer 20-minütigen Fahrt mehrfach beleidgt und verprügelt. Die Leibwächter hätten damit gedroht, ihm Waffen und Heroin unterzuschmuggeln und ihn am Strasserand "abzuknallen". Als man ihn schließlich aus dem Auto warf, hätte man ihm noch einmal gedroht, ihn jederzeit ausfindig machen zu können.

Der Betroffene Ertuğrul Sağlam hat sich das Kennzeichen des Dienstwagens merken können. Wie die Generaldirektion für Sicherheitsfragen mitteilte, werde das Fahrzeug mit dem Kennzeichen 06 VAC 07 tatsächlich von der Leibgarde des Ministerpräsidenten genutzt. Das Pressebüro des Ministerpräsidenten ließ am heutigen Tag eine Pressemitteilungen veröffentlichen, in der von einseitigen und voreingenommenen Berichterstattungen gesprochen wird. Sağlam hat seine Verletzungen attestieren lassen und beim Staatsanwalt Anzeige erstattet. Der türkische Menschenrechtsverein forderte unterdessen den Rücktritt Erdogans.

Dies war jedoch nicht der erste "Ausrutscher" türkischer Personenschützer:
  • Der in Mersin vom Ministerpräsidenten mit den Worten "Nimm deine Mutter und hau ab!" bedachte Bauer Kemal Öncel wurde nach diesem Vorfall ebenfalls in ein Auto gezerrt und verprügelt. Er ließ sich seine Verletzungen im Krankenhaus attestieren und erstattete Anzeige. Wie sich später herausstellte zog er seine Anzeige zurück, nachdem Erdogan ihm einen persönlichen Besuch abstattete. Ob er ihn dabei um Entschuldigung bat oder selber verprügelte ist nicht bekannt...

  • Als Erdogan am 29. August 2005 von seinem Haus in Istanbul-Üsküdar zum Flughafen Atatürk auf der Stadtautobahn E-5 unterwegs war, machte ein Sammeltaxi nicht schnell genug Platz für seinen Konvoi. Der Fahrer Ayhan Özgür wurde aus seinem Sammeltaxi gezerrt und von Erdogans Leibwächtern verprügelt.

  • Der Neffe Erdogans Ali Erdogan, der gleichzeitig sein Leibwächter ist, hat im Rahmen der Gedenkfeier für Ertuğrul Gazi in Söğüt hinter den Kulissen Streit mit Anhängern der MHP angefangen, was schließlich in eine Massenschlägerei ausartete.

  • Während der Spanien-Reise des Ministerpräsidenten gab es handfesten Streit der Leibwächter mit spanischen Scherheitskräften.

  • Während der Reise des Ministerpräsidenten in die Provinz Niğde hielten seine Leibwächter einen Kleinbus an, der Journalisten transportierte, die über die Reise berichten wollten. Dem Fahrer wurde eine Waffe unter die Nase gehalten, verbunden mit der Aufforderung, Erdogan nicht zu folgen.

  • Die Leibwächter der Gattin Erdogans, Emine Erdogan, haben zwei Reporter des Fernsehsenders NTV mit Waffen bedroht, als diese die "Second Lady" filmen wollten.

  • Während des Türkeibesuchs des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert kam es zwischen den Leibwächtern der beiden Regierungschefs zu handfesten Reibereien. Die türkischen Personenschützer sagten, sie wollten sich für die schlechte Behandlung, die sie bei einem Besuch Erdogans in der Al-Aqsa-Moschee erfahren hätten, revanchieren.
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Private dürfen nicht kontrollieren

Private Sicherheitsfirmen, die an den Eingängen vieler türkischer Universitäten die Kleidung der Einlass wünschenden Studierenden kontrollieren und Kopftuchträgerinnen abweisen, sind nach Ansicht der Rechtsabteilung im Innenministerium nicht dazu befugt. Die meisten dieser Firmen sind von den Universitätsverwaltungen mit der Aufsicht beauftragt.

Nach vielen Protesten hat die oberste Polizeibehörde die Rechstabteilung des Ministeriums um Auskunft ersucht. Diese hat in ihrem Gutachten festgestellt, dass die privaten Sicherheitsdienste keine Kleidungskontrolle durchführen dürfen und dass sie widrigenfalls sogar dafür bestraft werden können. Die Verantwortlichen der Polizeibehörde haben das Ergebnis des Gutachtens jedoch nicht wie üblich per schriftlicher Mitteilung kommuniziert, sondern haben die Polizeidirektoren der verschiedenen Regionen einzeln angerufen, um diese Nachricht zu überbringen. Die arkandisziplinierten Bürokraten haben jedoch vergessen, dass im Rahmen der von der türkischen Regierung gestarteten "Open Gouvernment"-Strategie sämtliche Ministerialerlasse, sofern sie nicht die nationale Sicherheit berühren, im Internet einsehbar sind. mehr...

Von der Straße aufs Podest

In der türkischen Stadt Gaziantep hat das Polizeipräsidium in einem Modellversuch vor sechs Jahren begonnen, Straßenkindern über ein Hockeyteam eine Perspektive zu bieten. Die ehemaligen Problemkinder trainieren nachmittags, vormittags haben sie normalen Schulunterricht.
Bei dem vom 7. bis zum 12. Mai im slowenischen Toblice stattfindenden "European Cup of Hockey Teams" hat die Mannschaft nun den dritten Platz belegt. Das Team ist seit drei Jahren in Folge türkischer Hockeymeister, mehrere Spieler wurden seitdem in die türkische Nationalmannschaft berufen. mehr...

Die Prinzen kommen

Die Queen weilt gerade samt herzöglichem Gatten in der Türkei, wahrhaft majestätischer Besuch steht der Türkei jedoch noch bevor: Die als die "Prinzen des Flamenco" bezeichnete Gruppe "Los Vivancos" werden am 23. Mai in Istanbul und am 25. Mai in Mersin beim "7. Internationalen Musikfestival Mersin" auftreten.
Es ist der erste Türkeibesuch der sieben Brüder, die trotz oder wegen ihres besonderen Familien-Tanzstiles in das Tanz-Konservatorium Barcelonas aufgenommen wurden und von hier aus ihre professionelle Karriere starteten. Ihre Tanzausbildung führte die sieben "hermanos" von Barcelona nach Madrid und London sowie bis zum berühmten "Bale Theater" in den Niederlanden. Nach Ende ihrer Ausbildung gründeten sie 2004 die Gruppe "Los Vivancos".

Hier schon mal ein Leckerli aus der Performance "Pornografique":




http://www.losvivancos.com/ mehr...

Haltet die UNESCO von Ankara fern!

Nimet Özgönül, Vorsitzender der Architektenkammer Ankaras, hat den Denkmalschutzbestrebungen der Hauptstadt eine glatte "6" erteilt. Anlässlich des Inspektionsbesuchs der Weltkulturerbekommission der UNESCO in Istanbul sagte er, dass Ankara bei einem solchen Besuch wohl "nachsitzen, wenn nicht sogar die Klasse wiederholen" müsste.

Die ältesten Denkmäler Ankaras stammen aus der Zeit des Römischen Reiches. Das Römische Theater sei jedoch in einem erbärmlichen Zustand und erinnere mehr an eine Mülldeponie als an ein Kulturdenkmal, so Özgönül. Auch die durch den Garten des Gouverneurssitzes verlaufende, respektive verfaulende antike Via Romana sei kaum mehr als solche zu erkennen. Es fehle der Stadt an einem umfassenden Aktionsplan zur Identifizierung und anschließenden Sanierung antiker Denkmäler. So könne einfach jeder nach gusto auf historischen Denkmälern Bauten errichten und dieses als Denkmalpflege deklarieren.

Auch das Gebäude des ehemaligen Alkohol- und Tabakmonopolisten TEKEL befinde sich in akuter Gefahr. Das denkmalgeschützte Gebäude sei vor allem durch unsachgemäße Bearbeitung in seinem jetzigen erbärmlichen Zustand. Dies liege daran, dass die Stadtverwaltung die Hilfe von Experten wie Städteplanern, Architekten und Restaurateuren ausschlage. mehr...

Tarkan in Hassankeyf

Der türkische Popsänger Tarkan hat sich nach Hasankeyf begeben und in einer Pressekonferenz ein großes Protestkonzert mit internationaler Beteiligung angekündigt.

Tarkan rief insbesondere deutsche Künstler zur Solidarität mit Hasankeyf auf, da Deutschland ein großer Kreditgeber des Projektes sei. Das Dorf Hasankeyf, eigentlich mehr Freilichtmuseum als Siedlung, ist durch die im Rahmen des Südostanatolienprojektes GAP geplanten Staudämme von der Überflutung bedroht und beherbergt jahrtausende alte Spuren verschiedener Zivilisationen. mehr...

Schule oder KZ?

Im Städtchen Silifke bei Mersin hat der Grundschulleiter Yusuf Kılıç den Unterrichtsausfall der Klasse 6a dadurch zu kompeniseren versucht, dass er ihnen den Auftrag gab, das Schulgelände zu säubern.

Als der Schulleiter nach einiger Zeit feststellte, dass einige Mädchen nach und nach in ihre Klassen zurückkehrten, stellte er 12 Mädchen im Schulhof in eine Reihe und verprügelte sie nach und nach mit einem großen Zirkel. Dabei stach er ihnen mehrmals mit der Metallspitze des Zirkels in die Hände. Die 12 Mädchen mussten daraufhin im Krankenhaus behandelt werden und wurden an den Händen genäht.

Die betroffenen Mädchen haben sich ihren Eltern anvertraut, welche unverzüglich im Polizeipräsidium vorstellig wurden und Anzeige erstatteten. Der Schulleiter Yusuf Kılıç wurde mittlerweile festgenommen und vom Dienst suspendiert.
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Miss Handicap Turkey

In Kemer bei Antalya haben zum ersten Mal die Wahlen zur "Miss Handicap Turkey" stattgefunden.
25 geistig und körperlich behinderte Frauen haben an dem Wettbewerb teilgenommen und wurden für ihre Courage mit stürmischem Beifall und "standing ovations" bedacht. Nergis Demirarslan aus Samsun wurde zur Schönheitskönigin gewählt, Ayşe Dilek Hoyrat aus Ankara wurde Zweite und Banu Temizel aus Istanbul Dritte. Der Bürgermeister von Kemer Hasan Şeker hat alle Teilnehmerinnen mitsamt deren Familien im Anschluß an die Veranstaltung auf einen einwöchigen Urlaub in Kemer eingeladen.
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"Hört auf Alkohol auszuschenken und ich lasse euch in Ruhe"

In der südtürkischen Hafenstadt Mersin liegt im geschäftigen Stadtviertel Pirireis seit über 40 Jahren das Vereinsheim des Architekten-, Ingenieurs- und Technikerverbands mit angeschlossener Vereinsgaststätte. Wie bekannt wurde, wurden in den letzten 5 Jahren 3 Vereinsverbotsverfahren angestrengt, und nun bekam der Verein wegen angeblicher Unstimmigkeiten in seinen Mitgliedsunterlagen eine Geldstrafe von 500 YTL aufgebrummt.
Wie der Vorsitzende Fehmi Tosun mitteilte, übe der in der Provinzverwaltung mit dem Vereinswesen betraute Bürokrat Erol Özdemir seit geraumer Zeit dahingehend Druck aus, den Alkoholausschank einzustellen.
Nachdem die AKP 2002 an die Macht kam, wurde der ehemalige Gymnasiallehrer für Philosophie Erol Özdemir zum ranghohen Bürokraten gemacht, und ist seitdem durch seinen Eifer bei der Bekämpfung Alkohol ausschenkender Lokale aufgefallen. Nach einem ausführlichen Schriftwechsel inspizierte Özdemir am 21. Februar 2006 unter Polizeischutz die Vereinsräumlichkeiten. Da von den anwesenden 50 Gästen 12 keine Vereinsmitglieder waren, wurde der Verein für 5 Tage geschlossen. Die Vereinsführung protestierte daraufhin beim Gouverneur und dem Innenministerium, schließlich kam es im Büro von Herrn Özdemir zu einer Aussprache. Dabei soll Özdemir sein Anliegen klipp und klar formuliert haben: "Hört auf Alkohol auszuschenken und ich lasse euch in Ruhe."
Der Strafbefehl über 500 YTL wurde am 28. März 2008 rechtskräftig, woraufhin der Vorsitzende Fehmi Tosun beim zuständigen Gericht in Mersin Einspruch eingelegt hat. In seiner Begründung wies Tosun auch darauf hin, dass die AKP das Verbotsverfahren insbesondere solchen von ihnen protegierten Bürokraten wie Özdemir zu verdanken habe, die augenscheinlich die Scharia als Leitfaden für das öffentliche Leben nähmen. mehr...

Neues im Malatya-Fall

Im Fall der in Malatya ermordeten christlichen Missionare gibt es eine neue Entwicklung. Wie die Zeitung "radikal" mitteilte, liegt dem Gericht ein Brief des Häftlings Metin Doğan vor, der behauptet, vorab von dem Verbrechen gewusst zu haben.Wie Doğan schreibt, wuchs er in den Idealistenheimen auf, der Jugendorganisation der rechten Partei MHP. Im Jahre 2005 hätte ihn der Leiter des Heims in die Regionaldirektion der MHP gerufen. Dort hätten auf ihn der Regionalvorsitzende, ein ehemaliger Parlamentsabgeordneter, der Vorsitzende der Idealistenheime sowie ein General a.D. gewartet. Der ehemalige Abgeordnete habe Doğan aufgefordert, das Verlagshaus Zirve anzurufen und Bedrohungen auszusprechen. Daraufhin habe Doğan an Ort und Stelle angerufen und schwere Beleidigungen und Bedrohungen von sich gegeben, woraufhin der ehemalige Abgeordnete ihm aufgetragen habe, alle im Verlagshaus Zirve befindlichen Personen zu töten. Der General a.D. habe ihm sogleich versichert, dass ihm nichts passieren könne und man ihn ggf. "retten" werde. Der ehemalige Abgeordnete habe dann detaillierte Anweisungen über den Ablauf des Anschlags gegeben und Doğan die Summe von US$ 300.000 in Aussicht gestellt, danach hieß es dass er sich für den Einsatzbefehl bereit halten solle.
Nach knapp zwei Monaten habe jedoch jemand Doğans Bruder getötet, woraufhin er den Mörder getötet habe, weswegen er im Gefängnis sei und den Anschlag nicht habe ausführen können. Erst danach habe man sich entschieden Emre Günaydın als Tatperson zu instrumentalisieren. Doğan versicherte in dem Brief, seine Angaben vor Gericht zu wiederholen. mehr...