Samstag, 2. August 2008

Systematische Plünderung durch Archäologen?

Die türkische Archäologie macht durch einen kaum zu glaubenden Skandal von sich reden. Ramazan Özkan, Grabungsleiter im antiken Knidos bei Marmaris, hat erhaltene Artefakte weder ordnungsgemäß katalogisert, noch ausreichende Präservationsmaßnahmen getroffen. Einer der schwerwiegendsten Vorwürfe: Ein römisches Mosaik aus der Zeit um Christi Geburt sei spurlos verschwunden.

Wie türkische Zeitungen berichten, habe Kulturminister Ertuğrul Günay die Arbeiten mit sofortiger Wirkung gestoppt. Ein antikes Brückenfundament sei als Fundament für die Grabungsbaracke zweckentfremdet worden. Neşe Kırdemir, die Direktorin des Museums von Marmaris, spricht sogar davon, dass Knidos in den vergangenen Jahren systematisch ausgeplündert worden sei.

Grabungsleiter Özkan von der Selçuk Universität in Konya, der die Grabungen seit über 20 Jahren "leitete", ist mittlerweile suspendiert, weist jedoch alle Anschuldigungen zurück. Wie das Magazin "epoc" berichtet, sei er sogar Korrespondierendes Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts.
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Explosion in Konya wird zum Politikum

Die Explosion in einem Schülerinnenheim nahe Konya, der 17 Mädchen zum Opfer fielen, wird immer mehr zum Politikum. Meldungen, wonach das Heim als Koranschule diente, wurden vom Amt für religiöse Angelegenheiten zunächst dementiert, danach hieß es dass die Korankurse illegal abgehalten wurden. Die Verwirrung wurde durch die Aussage des Regionaldirektors für Schule und Bildung vervollständigt, wonach das Heim unter der Aufsicht der Behörde operiert habe.

Die einzige Autorität, die die Eröffnung von Korankursen und -schulen genehmigen darf, ist das dem Ministerpräsidenten unterstellte Amt für religiöse Angelegenheiten. Allerdings reformierte die AKP-Regierung ein entsprechendes Gesetz und sorgte dafür, dass die Eröffnung illegaler Korankurse de facto nicht mehr sanktioniert wird.
Somit stehen türkische Behörden vor dem Problem, nicht einmal die Anzahl dieser Einrichtungen schätzen zu können. Ein weiteres Problem ist die oft versteckte Trägerschaft dieser Kurse, die nicht selten unter dem Einfluss von religiösen Bruderschaften und Sekten stehen. Das zusammengestürzte Wohnheim in Konya gehört zur Süleymanci-Bewegung, die nach dem Gründer Süleyman Hilmi Tunahan benannt ist und auch in Deutschland als Dachverband VIKZ aktiv ist.

Das Amt für religiöse Angelegenheiten gibt die Zahl der Korankurse in der Türkei mit 7.036 an, die Dunkelziffer lässt sich kaum schätzen. Mit der Denomination als Schülerheim fallen die illegalen Kurse, wenn überhaupt, unter die Autorität des Bildungsministeriums. Celalettin Dinç von der Pädagogengewerkschaft "Eğitim Sen" in Konya sagte hierzu, dass er es für wenig überzeugend halte, wenn Behörden sich unwissend über die Koranschulen zeigten. Die meisten dieser Einrichtungen könnten unbehelligt operieren und verfügten sogar über Schulbusse, deren Kosten meistens ebenfalls von Bruderschaften übernommen würden.

Staatsminister Sait Yazıcıoğlu sagte vor der Presse, dass das Heim illegal operiert habe und man über keine Anhaltspunkte darüber verfüge, was dort gelehrt worden sei. Der Regionaldirektor für Bildung und Schule Sabit Çalık sagte hingegen, dass aus seien Akten hervorgehe, dass das Heim unter der Aufsicht seiner Behörde operiert habe. So habe man das Heim im Jahr 2000 für maximal 34 Schüler akkreditiert.

Eine von der AKP-Regierung initiierte Gesetzsänderung am 263. Artikel des türkischen Strafgesetzbuches setzte das Strafmaß für jene, die illegale Korankurse zu verantworten haben, auf unter ein Jahr. Vorher lag das Strafmaß bei 6 Monaten bis drei Jahren Freiheitsstrafe. De facto bedeutet dies, dass diese Verfahren mit einer Geldstrafe enden, bzw. gegen die Zahlung einer Geldstrafe eingestellt werden. Der Abgeordnete Ahmet Ersin (CHP) hat nun eine parlamentarische Anfrage an Ministerpräsident Erdogan gerichtet und Aufklärung bezüglich illegal operierender Korankurse gefordert.
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Neuer Todesfall in Tuzla - pünktlich zum parlamentarischen Untersuchungsbericht

In der Werftenstadt Tuzla ist ein weiterer Werftarbeiter gestorben. Somit liegt die Zahl der in den letzten sieben Jahren getöteten Arbeiter bei insgesamt 101.

Der 35-jährige Ibrahim Çelik war am Dienstag schwer verletzt worden, als ihn nach einer Explosion eine Stahplatte am Kopf traf. Gestern erklärten die Ärzte, dass Çelik seinen Verletzungen erlegen sei. Cem Dinç von der Gewerkschaft Limter-İş sagte, dass die Bedingungen, unter denen in Tuzla gearbeitet werden müsse, immer noch skandalös seien.
Der Unfall ereignete sich wenige Tage, nachdem die parlamentarische Unteruschungskommission zu den Toden in Tuzla ihren 197-seitigen Bericht vorgelegt hatte. Hier einige Ergebnisse aus dem unter dem Vorsitz von Mehmet Domaç (AKP) erarbeiteten Papier. In jeder Werft soll, egal wie groß diese ist, ein Betriebsarzt angestellt werden. Die Vergabe von Tätigkeiten an Subunternehmer soll standardisiert werden und nicht mehr so häufig erfolgen wie bisher. Der Vergewerkschaftungsgrad der Arbeiter soll erhöht werden, da die Gewerkschaften einen großen Einfluss auf die Arbeitssicherheit hätten. Ferner sollen Kontrollmechanismen etabliert werden, die die leider übliche Schwarzarbeit auf den Werften eindämmen soll. mehr...