Donnerstag, 12. Juni 2008

In eigener Sache: Türkeimonitor.de

Ein Post in eigener Sache:

Ab sofort ist "Der Türkeimonitor" unter http://www.türkeimonitor.de/ verfügbar. mehr...

Reisen auf Kosten der Toten

Die parlamentarische Untersuchungskommission, die aufgrund der anhaltenden Todesfälle in den Werften von Tuzla eingerichtet wurde, ist angesichts ihrer jüngsten Entscheidung endgültig in das Zentrum der Kritik gerückt.

So hat die Kommission beschlossen, ausgedehnte Inspektionsreisen in die Ukraine und nach Südkorea zu unternehmen, um, wie es heißt, die dortigen Arbeitsbedingungen zu untersuchen. Die Reisen sollen von einer 20-köpfigen Delegation angetreten werden, der neben den 16 Auschussmitgliedern auch Sachverständige und Stenografen angehören sollen. Während sich die Zahl der getöteten Arbeiter seit 2006 auf 86 beläuft, hat der Auschussvorsitzende Mehmet Domaç von der AKP beim Parlamentspräsidium die Übernahme sämtlicher Kosten beantragt.

Der Parlamentspräsident Köksal Toptan sei von den Plänen jedoch nicht sonderlich angetan. Toptan, dessen Zustimmung für die Finanzierung der Reise nötig ist, hatte seinerzeit eine Übernahme der Kosten für die Italien-Reise der Olivenöl-Kommission abgelehnt. mehr...

Ankara muss sich entscheiden

Die Bevölkerung Ankaras ist in diesen Tagen hin- und hergerissen zwischen ihrer Stadtverwaltung und der renommiertesten Bildungseinrichtung der Stadt. Die Stadtverwaltung Ankaras hat vor geraumer Zeit mit einer groß angelegten Marketing-Kampagne für mehr Vertrauen in das lokale Trinkwasser geworben. Im Rahmen der Kampagne bezog man sich auf diesbezügliche Analysen der Middle East Technical University, kurz ODTÜ.

Wie der Rektor der ODTÜ Prof. Dr. Ural Akbulut mitteilte, sei dies eine irreführende Behauptung. Die ODTÜ habe zwar tatsächlich Qualitätsproben vom Kızılırmak-Fluss entnommen, doch sei dies nicht im Auftrag der Stadtverwaltung geschehen. Ferner habe man zum Zeitpunkt der letzten Analyse insbesondere den Gehalt an Arsen nicht gemessen, da die seinerzeit verwendete Methode hierfür nicht tauglich gewesen sei.

Der Bürgermeister von Ankara Melih Gökçek hatte vor kurzem behauptet, dass der Arsengehalt des in Ankara verfügbaren Trinkwassers unbedenklich sei und in den Haushalten bei ca. 1 Mikrogramm pro Liter liege. Prof. Akbulut wies hingegen darauf hin, dass der bei neueren Messungen seiner Universität festgestellte Arsengehalt deutlich über dem Grenzwert von 10 Mikrogramm pro Liter liege.

Prof. Akbulut teilte weiter mit, dass die ODTÜ rechtliche Schritte gegen die Stadtverwaltung erwäge, da man mit dem Namen und dem Renommé der Universität die Bürger betrogen habe.
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Türkische Kriegsdienstverweigerer gehen auf die Strasse

Sympathisanten des Kriegsdienstverweigerers Mehmet Bal haben vor dem Galatasaray Gymnasium gegen dessen Verhaftung durch die Gendarmerie protestiert.


In der Türkei steht Kriegsdienstverweigerern der alternative Weg eines Zivildienstes nicht zur Verfügung. Bei Kriegsdienstverweigerung, und sei es aus Gründen der moralischen Überzeugung, wird Anklage wegen Befehlsverweigerung erhoben. Bal hatte im Jahr 2002 erklärt, aus moralischen Gründen keinen Dienst an der Waffe ableisten zu wollen. Während des Protestes wurden vier Demonstranten verhaftet. mehr...

Kampf um die türkische Seele

Die in der Türkei stark umstrittene Zeyno Baran vom US-amerikanischen think tank "Hudson Institute" hat in einem Beitrag für die "International Herald Tribune" die aktuelle politische Lage als Kampf um die türkische Seele bezeichnet.

So schreibt Baran, dass die momentane Situation in der türkischen Politik nicht als Auseinandersetzung zwischen einer demokratischen, EU-orientierten Regierungspartei und deren fundamentallaizistischen Opposition aufgefasst werden dürfe. Vielmehr gehe es hierbei um nichts weniger als die Frage, ob die Türkei eine liberale Demokratie werde, oder Teil einer autoritär regierten Achse mit Russland und dem Iran. Den europäischen Mahnern für mehr Demokratie bescheinigt sie, mit der Aufwertung der AKP lediglich die Freiheiten der konservativen Moslems vorangetrieben zu haben. Dagegen hätten z.B. die Aleviten entgegen anders lautender Lippenbekenntnisse keine Unterstützung seitens der AKP erfahren.

Die gestörte Beziehung der Republikanischen Volkspartei CHP zur EU und den USA stellt Baran gar als zurückgewiesene Liebschaft dar. So hätte die CHP ein starkes Interesse an einer West-Orientierung der Türkei, jedoch sträube sie sich dagegen, auf europäischen Druck hin politische Zugeständnisse zu machen, die dem islamischen Establishment zugute kämen.

Der stellvertretende Vorsitzende der AKP Egemen Bağış sagte, auf den Artikel angesprochen, dass "alle professionellen Militanten zur Zeit unter einer Tarnung als ´Analysten´die Türkei, die türkischen Wähler und die Regierung in ausländischen Medien attackieren" würden. Die ausländischen Medien würden der Opposition über den Weg solcher Kommentare Hinweise über deren weiteres Vorgehen geben. Man müsse darüber nachdenken, wer hinter diesen Kräften stehe. mehr...

Neuer türkischer Infodienst

Hasan Tanla, Sohn des PIAR-Gallup-Gründers Bülent Tanla und Chef des Meinungsforschungsinstituts ESTIMA, hat einen neuen türkischen Infodienst mit dem Namen "Teksatır" (zu deutsch: "Einzeiler") gegründet, der ab sofort jeden Tag drei Meldungen präsentiert.

Die kurzen Meldungen sollen inhaltlich nicht auf die Türkei beschränkt sein und auch über Email abonniert werden können. So sagte Tanla, dass am heutigen Starttag 50.000 Abonnenten die ersten drei Meldungen erhalten hätten.

Ziel der Seite sei es, der Leserschaft zu ermöglichen, sich eine begründete Meinung zu bilden. Dies sei ohne ein Wissen um themenspezifische Hintergründe jedoch nicht möglich. Dabei verfolgen die Macher kein geringeres Ziel als die weitestgehende Minimierung der "Informationsasymmetrie", zu deren Untermauerung sie unnötigerweise auf ein verstummeltes Theorem der Wirtschaftsnobelpreisträger von 2001 Stiglitz, Akerlof und Spence verweisen. Etwas weniger Anspruch hätte es auch getan, denn ein detailliertes Eingehen auf Hintergründe ist durch die strukturell bedingte Kürze der Einträge von vornherein nicht zu erwarten. Neben den Meldungen kann man ferner einen Kommentar sowie ein wöchentlich aktualisiertes Interview lesen.

Die Kommentatoren gehören dem Redaktionsbeirat an. Unter ihnen befinden sich illustre Namen wie z.B. Erdoğan Teziç, Bahattin Yücel, Zülfü Livaneli, Haşmet Babaoğlu, Aydın Boysan, Betül Mardin, Can Baydarol, Afife Batur, Ali Tigrel, Atilla Dorsay, Birol Güven, Can Çobanoğlu, Can Kıraç, Cem Kozlu, Doğan Hasol, Ercan Tezer, Erkin Arıoğlu, Gencay Gürün, Gündüz Aktan, Halil İnalcık, Hasan Gemici, Hayrettin Karaca, Hıfzı Topuz, İbrahim Betil, İzzettin Doğan, Latif Mutlu, Metin Uca, Mümtaz Soysal, Osman Birsen, Rıdvan Budak, Süheyl Batum, Şükrü Elekdağ, Türkan Saylan, Zekeriya Yıldırım und Zeynep Damla Gürel. mehr...