Die erste türkische Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, Işıl Karakaş, hat dem Sender NTV ein Interview gegeben.
Karakaş, die an der Galatasaray Universität in Istanbul Staatsrecht und Internationales Recht lehrt, ist die erste Richterin, die die Türkei im Senat des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vertritt. Karakaş sagte, dass dem EGMR gegenwärtig 10.683 Klagen aus der Türkei vorliegen. Ungefähr 6.000 davon seien Klagen, die sich auf Beschwerden über die Abwicklungen von Gerichtsverfahren bezögen. Die zweite, große Gruppe von Verfahren vor dem EGMR bezieht sich nach Angaben der Juristin auf Fragen rund um das türkische Eigentumsrecht, und hier insbesondere um die Frage der zwangsweise Verstaatlichung von Eigentum.
Es lägen immer weniger Klagen gegen die Türkei vor, die sich auf Folter und schlechte Behandlung in staatlichem Gewahrsam beziehen. In absoluten Zahlen sei deren Zahl zwar immer noch recht hoch, doch sei ein insgesamt rückläufiger Trend zu beobachten. Auch die Zahl der Klagen, die auf Verletzungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung basierten, sei rückläufig. Gleichwohl sei zu beachten, dass in den rund 900 diesbezüglichen Fällen noch kein Verfahren enthalten sei, dass sich auf den Paragrafen 301 des türkischen Strafgesetzbuchs bezieht. Dieser Straftatbestand sei trotz gegenteiliger Behauptungen in Europa einzigartig und stelle ein gravierendes Hindernis für die freie Meinungsäußerung dar.
Der EGMR sei zwar kein Organ der EU, doch seien seine Entscheidung für die Türkei in höchstem Maße relevant, da das Gericht die gleiche Rechtsauffassung wie die EU vertrete. Die Probleme der Türkei im Annäherungsprozess an die EU basierten schließlich größtenteils auf den vom EGMR angemahnten Verletzungen von Menschenrechten.
Montag, 13. Oktober 2008
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