Dienstag, 16. September 2008

Kein Schwarz für türkische Imame

Das türkische Amt für religiöse Angelegenheiten hat entschieden, das äußere Erscheinungsbild der Vorbeter in den Moscheen zu vereinheitlichen.

So soll das traditionell von den Imamen bevorzugte Schwarz einem Cremeweiss Platz machen. Da die meisten Imame die Farben ihrer Roben selbst wählen, sei ein uneinheitliches Bild entstanden, dem man nun entgegenwirken wolle.

Ein Ankaraner Atelier wurde damit beauftragt, 32.000 Roben und Kopfbedeckungen zu schneidern. Die Direktorin des Institus, Ayşenur Usta, sagte dem Sender NTV, dass man ca. 8.000 Outfits im Monat produzieren könne. Die Kopfbedeckung der Imame, der traditonelle Fes, der eigentlich auf dem Knie mit einem Turban umwickelt wird, wird nunmehr maschinell gefertigt. Der landesweit bekannte Meister der Fes-Herstellung Şakir Sayılır aus Konya hat hierzu eigens eine Maschine konstruiert, die in dem Atelier in Ankara eingesetzt wird.

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Zyprische Jugendliche bringen die Führer der Türken und der Griechen zusammen

Zyprische Jugendliche haben im Zuge der Aktion mit dem Titel "Gemeinsame Lieder für den Frieden" die beiden Führer der türkischen und der griechischen Zyprer erneut zusammen gebracht.

Sowohl Christofias als auch Talat betonten ihren Willen, die Verhandlungen mit großem Nachdruck zu verfolgen. Zu den beiden Führern der Volksgruppen gesellte sich der Sondergesandte des UN-Generalsekretärs für Zypern, Taye-Brook Zerihoun.

Der Führer der griechischen Zyprer Christofias betonte seinen Willen, die Verhandlungen mit dem Ziel einer Wiedervereinigung der seit 1974 geteilten Insel zu führen. Er sei stolz auf die zyprische Jugend, die eine solche Aktion bewerkstelligt habe. Talat wiederum bekräftigte das Ziel einer wiedervereinigten Insel, wies jedoch darauf hin, dass ein Gesamtzypern für die türkische Seite nur als Föderation denkbar sei.

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MEDIZ veröffentlicht Buch zur Situation von Frauen in türkischen Medien

Die Medien-Observationsgruppe MEDIZ hat im Anschluss an das an der Istanbuler Bilgi Universität abgehaltene Symposium mit dem Titel "Für eine Medienlandschaft ohne Geschlechterdiskriminierung" die Ergebnisse ihrer Studien zur Situation von Frauen in Medien als Buch veröffentlicht.

Die Initative zur Überwachung der Repräsentierung von Frauen in den Medien konzentriert sich seit ihrem Bestehen auf vier Bereiche: Die Art der Repräsentation von Frauen in Medien und Formaten, die Repräsentation von Frauen in der Arbeitswelt der Medien, die Rechte von Frauen als Medienkosumentinnen und die Probleme von Frauenmedien.

Das Buch widmet sich diesen Feldern und präsentiert sowohl die auf dem Symposium vorgestellten Studien, als auch weitere Erhebungen. Das Buch kann unter den Telefonnummern +90(0)212 251 64 57 und +90(0)535 566 60 48 direkt bei MEDIZ angefordert werden.

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Initiative gegen die Schließung der DTP

Eine zivilgesellschaftliche Initiative hat gegen die Bestrebungen des Verfassungsgerichts protestiert, die prokurdische DTP zu verbieten.

Die Mitglieder der Initative „Die DTP darf nicht verboten werden“ Arife Köse, Neslihan Türkan, Zeynep Tanbay ve Hakan Tahmaz haben in den Räumlichkeiten der Maschinenbauingenieurskammer in Istanbul eine Pressekonferenz abgehalten und über die Aktivitäten der Initiative aufgeklärt. Dabei betonte die Sprecherin Zeynep Tanbay, dass ein Verbot der DTP der „Vernichtung einer Brücke zwischen den Völkern“ entspreche.

Tanbay sagte: “Das kurdische Volk hat wiederholt Parteien gegründet. Jede gegründete Partei wurde vom Verfassungsgericht verboten und die Abgeordneten wurden zu Gefängnisstrafen verdonnert. Es ist eine Ungerechtigkeit, die Partei des kurdischen Volkes zu verbieten, es lässt die Hoffnung auf eine friedliche und demokratische Lösung des kurdischen Problems erblinden.“

Ein Verbot der DTP sei kein kurdisches Problem, sondern stelle eine Herausforderung für alle in der Türkei lebenden Menschen dar. Tanbay forderte, dass die Türkei aufhören solle, „ein Parteiengrab zu sein“. Der Druck auf Demokratisierung, Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Versammlungsfreiheit solle endlich aufhören. Tanbay klärte über die Vorgehensweise der Initaive auf, wonach die gesammelten Unterschriften dem Parlamentsprädidenten Toptan als Zeugnis des türkischen Wählers übergeben werden sollen. Auch die DTP-Fraktion im türkischen Parlament soll besucht werden.

Unter den Unterzeichnern der Initative befinden sich unter anderem:
Der Autor Adalet Ağaoğlu, der Dichter Ahmet Telli, die Schauspielerin Ayça Damgacı, die Autorin Ayşe Kulin, die Autorin Ayşegül Devecioğlu, Prof. Baskın Oran, der Journalist Berat Günçıkan, die Vorstandssprecherin der türkischen Grünen Bilge Contepe, der Sprecher der 78’er-Vereinigung Celalettin Can, der Vorsitzende der Revolutionären Sozialistischen Arbeiterpartei (DSİP) Doğan Tarkan, der Soziologe Ferhat Kentel, die Vorsitzende der Sozialistischen Demokratischen Partei (SDP) Filiz Koçali, Prof. Dr. İrfan Açıkgöz, der Vorsitzende der Arbeitspartei (EMEP) Levent Tüzel, Prof. Dr. Melek Göregenli, die Journalistin Meral Tamer, der Journalist Murat Çelikkan, Doç. Dr. Serdar M. Değirmencioğlu, die Frankfurter Stadträtin Yıldız Köremezli-Ekiner, der Schauspieler Mahir Günşiray, der Journalist İpek Çalışlar, der Autor Vedat Türkali, der Journalist Oral Çalışlar sowie der Musiker Kerem Kabadayı.

Die Website der Initiative ist hier zu finden.

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Montag, 15. September 2008

Grünes Licht für türkisch-armenische Kommissionen

Nach dem Armenien-Besuch des türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül scheint zwischen der Türkei und Armenien eine Phase der Annäherung zu beginnen. Der Sender NTV meldet, dass die neue armenische Regierung dem türkischen Vorschlag einer unabhängigen Historiker-Kommission zur Untersuchung des Völkermord-Vorwurfs wohlwollend gegenüber steht.

Die türkische Regierung habe aufgrund der positiven Reaktion der armenischen Seite grünes Licht für eine Reihe von bilateralen Kommissionen gegeben. Die Kommissionen sollen nach Angaben des Senders auf den Gebieten der Aufnahme diplomatischer Beziehungen, der Vertiefung wirtschaftlicher Beziehungen sowie des kulturellen Austauschs tätig werden.

Die Türkei will ihr verbessertes Standing bei den Armeniern nun auch dazu nutzen, im Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien zu vermitteln. Hierzu will die Türkei im Rahmen der UN-Vollversammlung in New York einen Dreiergipfel abhalten.

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Ein neues Heim für die türkische zeitgenössische Kunst

Das von dem Unternehmen Borusan in der „Ayhan Işık“-Strasse in Beyoğlu errichtete Art Center/Istanbul hat seine Pforten geöffnet.

Das als Zentrum für zeitgenössische Kunst geplante Objekt soll bei der Etablierung moderner Kunst in der Türkei helfen. Zu diesem Zweck wird das Art Center vielversprechenden Nachwuchskünstlern die Möglichkeit geben, von den hauseigenen Möglichkeiten zu profitieren. Die Künstler können bei ihrer Arbeit in den modernen Ateliers auch auf die weitere Infrastruktur des Objekts zurückgreifen, die aus Multimediaangeboten, Konferenzräumen, etc. besteht.

Im Art Center werden Künstler unterstützt, die nicht älter als 35 Jahre sind und eine vierjährige akademische Ausbildung im Bereich der Bildenden Kunst absolviert haben. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf den Kategorien Malerei, Plastik, Fotografie und Video. Trotz einer hohen Zahl an Bewerbungen konnten sich für die erste Förderungsperiode von zwei Jahren nur 10 Künstler einen Platz sichern.

Zu der jährlich statt findenden Gruppenausstallung wird es einen umfangreichen Katalog geben. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Begegnung zeitgenössischer Kunst mit der Gesellschaft, die durch die Einrichtung erleichtert werden soll.



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THY und Deutsche Messe kooperieren

Wie die Deutsche Messe heute berichtet haben Turkish Airlines und die Deutsche Messe am 5. September in Istanbul eine Kooperationsvereinbarung über gemeinsame Marketingaktivitäten unterschrieben.

Ziel der Kooperation zwischen den Unternehmen ist es „ihre Kräfte im Hinblick auf eine optimale Kundenbetreuung“ zu „bündeln und umfangreiche Synergiepotenziale für Messebesucher und Flugpassagiere zu nutzen.“ Detaillierte Planungen dazu sollen in den nächsten Wochen erfolgen

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Die türkische Wirtschaft wächst - zu langsam

Das türkische statistische Amt hat die Wachstumszahlen für das zweite Quartal 2008 veröffentlicht. Aus dem Bericht geht hervor, dass das Wachstum der türkischen Wirtschaft mit 1,9% deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibt. Prof. Dr. Türkel Minibaş von der Universität Istanbul weist unterdessen auf die hiermit verbundenen Risiken für Arbeitnehmer hin.

So sagte Minibaş, dass das geringe Wachstum durch eine Korrelation der ungenügenden Wachstumspolitik der Türkei mit der globalen Wirtschaftskrise verursacht sei. Das vom türkischen statistischen Amt TÜIK ausgewiesene Wachstum von 1,9% bleibt deutlich hinter den prognostizierten 3,5% zurück. Es ist somit die schwächste Wachstumsperiode seit 25 Quartalen in Folge.

Das vergangene Wachstum habe sich niedriger Kurse und großer Mengen ausländischen Kapitals verdankt. Da insbesondere die öffentlichen Ausgaben jedoch um 16,8% zurückgegangen seien, sei es unwahrscheinlich, dass die türkische Wirtschaft das Jahr 2008 mit einem Wachstum von über 4% abschließen werde. Der private Konsum nehme ebenfalls ab, da die Zentralbank die Zinsen erhöht habe, die Einkommen jedoch sinken würden. In Anbetracht der anstehenden Kommunalwahlen rechne er mit einer Intervention seitens der Regierung. Auch die von der Türkei umworbenen ausländischen Direktinvestitionen würden aufgrund hoher Zinsen nach Brasilien fließen.

Die Leidtragenden der makroökonomischen Entwicklung seien insbesondere Arbeitnehmer, so Minibaş. Da die Gewerkschaften in der Türkei zur Zeit einen schweren Stand hätten, sei es wahrscheinlich, dass die Arbeitgeber die Produktivität durch verlängerte Arbeitszeiten und geringere Bezahlung zu erhöhen versuchen würden.

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Türkisches Ausnahmetalent Fazıl Say erhält Bremer Musikfest-Preis

Der international anerkannte türkische Pianist und Komponist Fazıl Say wird mit dem Bremer Musikfest-Preis 2008 ausgezeichnet.

Der Preis ist mit € 25.000 dotiert und wird dem 38-Jährigen Say am 20. September im Rahmen einer Galaveranstaltung im Bremer Rathaus überreicht. Say wurde von der EU u.a. mit Paul Cuelho für das Jahr 2008 zum Botschafter des interkulturellen Dialogs ernannt und auch die Jury des Bremer Musikfestes begründet Ihre Entscheidung damit, dass Say mit seinen Konzerten ein Brückenbauer zwischen den Kulturen sei.

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Freitag, 12. September 2008

Herbstprogramm im Babylon

Das "Babylon" in Istanbul, einer der arriviertesten Kulturpaläste der Türkei, startet mit einem anspruchsvollen Programm in den Herbst 2008.

Begonnen wird am 17. September mit der "Babylon Juke Box", einem Abend voller "positiver Energie", wie die Website der Location verspricht. Die weiteren Dates:

18.09.2008: Bora Uzer
19.09.2008: Cyrius
20.09.2008: Cyrius
24.09.2008: Gevende
25.09.2008: Erkin Koray
26.09.2008: REM ist in Istanbul (Party)
27.09.2008: Oldies but Goldies (Party)
30.09.2008: Selim Sesler - Fasıl mit Food
09.10.2008: I Led 3 Lives
10.10.2008: Smadj feat. Ibrahim Malouf & Talvin Singh
10.10.2008: Dublex INC. DJ-Team
11.10.2008: Platinum Pied Pipers
12.10.2008: Far East Revisited
14.10.2008: Erdem Helvacıoğlu & Elliott Sharp / Sarp Maden
15.10.2008: Steve Reid Ensemble
16.10.2008: Azymuth
17.10.2008: Sayag Jazz Machine
18.10.2008: Charlie Hunter Trio
18.10.2008: DJ Food

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Der Streit zwischen Doğan und Erdoğan dreht sich um eine Raffinerie

Der Wissenschaftler Aşkın Süzük von der Gewerkschaft Petrol-Iş klärt über die Hintergründe des Streits zwischen Ministerpräsident Erdoğan und dem Vorsitzenden der Doğan-Holding Aydın Doğan auf. Um in Ceyhan, dem vorläufigen Endpunkt der Pipeline Baku-Tiflis-Ceyhan (BTC), eine Raffinerie zu errichten braucht es ein sehr großes Areal. Die halbstaatliche Agentur TPAO besitzt in Ceyhan ein solches Grundstück. Die der Regierung nahestehende Çalık-Holding wolle dieses Grundstück unbedingt haben, weswegen die Doğan-Holding, die ebenfalls eine Raffinerie errichten will, panisch reagiere.

Die in Ceyhan bei Adana zu errichtenden Raffinerien könnten 40 Prozent des Kraftstoffbedarfs der Türkei decken, was der momentan importierten Menge an Kraftstoff entspricht. Laut Süzüks Aussagen gegenüber Bianet versuche die Çalık-Holding die TPAO in ihr mit der Indian Oil geplantes Raffinerien-Projekt zu integrieren. Von Zeit zu Zeit abgegebene Verlautbarungen führender TPAO-Offizieller legten den Eindruck nahe, dass dies auch geschehen werde.

Der Grund für die Bemühungen der Çalık-Holding um ein Engagement der TPAO ist laut Süzük die für die Errichtung der Raffinerie geeignete Fläche, die der TPAO in Ceyhan gehört. Wenn der Çalık-Holding, deren Geschäftsführer der Schwiegersohn des Ministerpräsidenten ist, das Joint-Venture gelinge, hätte es eine dem Staat gehörende Fläche umsonst gewonnen, so Süzük. Dies sei der Grund für die öffentlich ausgetragenen Animositäten zwischen Ministerpräsident Erdoğan und Aydın Doğan. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AKP Dengir Mir Mehmet Fırat hatte behauptet, dass die Dogan-Holding für ein solches Gelände nichts habe zahlen wollen. Die der Doğan-Holding gehörende "Petrol Ofisi" hingegen weist darauf hin, dass man einer von vier Interessenten sei, und sich jedes Angebot im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften befunden habe. Aydın Doğan wiederum behauptete, dass der Ministerpräsident ihm gegenüber gesagt habe, dass man Çalık "ein Versprechen gegeben" habe.

Es sei laut Süzük deswegen so lukrativ, in Ceyhan eine Raffinerie zu errichten, weil Ceyhan als Endpunkt der BTC-Pipeline zu einem einzigartigen Energie-Terminal werde. Süzük weist jedoch darauf hin, dass die BTC-Pipeline bis nach Israel verlängert werde. Zwar habe Minister Hilmi Güler dies verneint, jedoch gebe es Verträge mit Israel über die Errichtung von Infrastrukturen für eine Wasser-, Erdgas- und Erdöl-Pipeline zwischen den beiden Ländern. Wenn Israel an die BTC angeschlossen sei, werde Ceyhan einen Großteil seiner jetzigen Attraktivität verlieren, so Süzük.

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16-jähriger stirbt in Tuzla

Bein einem erneuten Zwischenfall ist in einer Werft in Tuzla ein 16-jähriger Hilfsarbeiter gestorben.

Der Zwischenfall ereignete sich gestern Abend. Der 16-jährige Hilfsarbeiter Muharrem Ceylan wollte einen Schiffsrumpf mit einem Hochdruckwasserstrahler reinigen, als er einen Stromschlag erlitt. Der schwer verletzte Ceylan wurde ins Krankenhaus von Yalova verbracht, erlag dort aber seinen Verletzungen. Der Vorfall wird untersucht.

Unterdessen protestiert Levent Akhan gegen seine Kündigung seitens der Dearsan-Werft. Akhan wurde ohne Angabe von Gründen fristlos gekündigt. Er selbst führt dies darauf zurück, dass er Mitglied und Funktionär der Werftarbeiter-Gewerkschaft Limter-İş ist. Akhan protestiert seit Tagen vor dem Tor der Dearsan-Werft, und wurde gestern von einer Delegation des DGB aus Essen unterstützt.

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Donnerstag, 11. September 2008

Wird das Nordirak-Mandat verlängert?

Die türkische Armee drängt Regierung und Parlament dazu, das Mandat für die grenzüberschreitenden Operationen gegen die PKK im Nordirak zu verlängern. Noch ist unklar, wie sich die AKP vor dem Hintergrund der anstehenden Kommunalwahlen verhalten wird.

Das Mandat, welches der Armee die Befugnis gibt, die PKK auf dem Territorium des Irak zu bekämpfen, erlischt am 17. Oktober. Der türkische Generalstab drängt auf eine Verlängerung der Befugnis und weist darauf hin, dass sich die PKK kurz vor dem Zusammenbruch befinde. Nun dürfe nicht locker gelassen werden, so die Botschaft an die Parlamentarier.

Dennoch bleibt abzuwarten, wie sich die AKP verhalten wird, denn die Partei schielt in den großen Städten des türkischen Südostens auf die Bürgermeisterämter. Insbesondere in Diyarbakir möchte die AKP den DTP-Verwaltungschef Osman Baydemir ablösen. Es wird jedoch damit gerechnet, dass eine Verlängerung des Mandats negativ auf die AKP zurück fallen könnte. Die Regierung hatte während des nun auslaufenden Mandats versucht sich aus der Affäre zu stehlen, in dem sie die Entscheidungskompetenz über eine grenzüberschreitende Operation der Armee übertrug.

Das türkische Parlament wird nach dem Zuckerfest, dem abschließenden Fest des Ramadan, seine Geschäfte wieder aufnehmen. Der 6. Oktober ist hier als erster offizieller Arbeitstag vorgesehen. Somit bleibt der AKP nur eine Frist von 10 Tagen, um die eigene Position bis zum Ablauf des Mandats zu bestimmen.

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Mittwoch, 10. September 2008

Akman-Abwahl geplatzt

Eine außerordentliche Sitzung des Verwaltungsrats der Fernsehaufsichtsanstalt RTÜK, auf der das Schicksal des im "Deniz Feneri"-Spendenskandal belasteten Vorsitzenden Zahid Akman geklärt werden sollte, konnte nicht statt finden, da fünf AKP-Mitglieder nicht zur Sitzung erschienen sind.

Die drei CHP-Mitglieder Şaban Sevinç, Hülya Alp und Mehmet Dadak beantragten aufgrund der Nebentätigkeiten Akmans eine Sondersitzung des Verwaltungsrats. Wie Bianet berichtet, blieben Paşa Yaşar, Vahap Darendeli, Taha Yücel, Davut Dursun und İlhan Yerlikaya, die AKP-Mitglieder des Gremiums, der Sitzung fern.

Das neunköpfige Gremium, dem auch der Vorsitzende Akman angehört, muss mindestens aus fünf Mitgliedern bestehen, um beschlussfähig zu sein. Lediglich die Verwaltungsräte Yaşar und Darendeli hätten auswärtige Termine angegeben. Das CHP-Mitglied Sevinç sagte, dass die AKP-Mitglieder Yücel, Dursun und Yerlikaya Ausreden benutzt hätten, um dem Vorsitzenden Akman ein Stimmenpatt zu ersparen, da Akman in der Frage seiner Abwahl kein Stimmrecht besitzt. Wenn die AKP-Mitglieder des Gremiums auch bei der nächsten Sitzung am 19. September nicht erscheinen sollten, werde man juristische Schritte einleiten.

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Türkische Armee bleibt auf dem linke Auge blind

Der neue türkische Generalstabschef Ilker Başbuğ hat in einem symbolischen Akt Akkreditierungssperren gegen eine religiös geprägte Zeitung gelockert und diese zu Pressebriefings des Generalstabs eingeladen. Die Verbannung linker Medien hält jedoch an.

Die Zeitung Yeni Şafak, die als islamisch-intellektuel einzustufen ist, wurde erstmals zu den Pressebriefings geladen. Auch die Zeitung "Star" wurde geladen. Die religiös geprägten Medien Zaman, Vakit und STV, sowie die liberale Zeitung Taraf werden jedoch weiterhin ignoriert.

Die eher dem linken politischen Spektrum zuzuordnenden Medien Birgün, Günlük Evrensel und Hayat TV dürfen ebenfalls nicht an den Briefings teilnehmen. Der türkische Generalstab hat Anfang der 1990er Jahre damit angefangen, unliebsame Medienvertreter von Pressekonferenzen auf persönlicher Ebene auszuschließen. Nach dem "postmodernen Coup" vom 28. Februar 1997 wurde diese Regelung auch auf Institutionen ausgedehnt.

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Montag, 8. September 2008

Streit zwischen Erdogan und Dogan weitet sich aus

Die Zeitung Hürriyet beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit dem vor dem Frankfurter Landgericht verhandelten Spendenskandal um den Verein "Deniz Feneri" ("Leuchtturm"). Die Zeitung hat kürzlich darauf hingewisen, dass in den von der Frankfurter Staatsanwaltschaft vorgelegten Akten auch der Name von Ministerpräsident Erdogan auftauche.

Nun hat Erdogan den Herausgeber der Hürriyet, Aydin Dogan, zu dessen Imperium unter anderem auch die Zeitungen Milliyet, Radikal, die Sender Kanal D und CNNTürk sowie die Nachrichtenagentur DHA gehören, beschuldigt, sich an ihm wegen einer nicht erhaltenen Baugenehmigung rächen zu wollen und bezeichnete Dogan als "ehrlos". So habe Dogan bei Erdogan um eine Baugenehmigung für die Fläche vor dem von Dogan erworbenen Hotel Hilton in Istanbul ersucht. Erdogan habe jedoch nichts für Dogan tun können. Zugleich kündigte Erdogan an, weitere Details zu veröffentlichen, die Dogans Ansehen erheblich Schaden könnten. Wenn er mit Schlamm beworfen werde, wisse er sich zu wehren, so der Ministerpräsident. Dogan hingegen behauptet, dass der Besuch bei Erdogan nicht wegen der Baugenehmigung vor dem Gelände des Hilton erfolgt sei. Vielmehr habe er an einem anderen Platz eine Raffinerie bauen wollen. Erdogan habe ihm jedoch mitgeteilt, dass die Calik-Holding, deren Geschäftsführer Erdogans Schwiegersohn ist, Ansprüche auf das von Dogan vorgeschlagenen Areal habe.

Da Erdogan jedoch nicht nur gegen Dogan, sondern gegen alle Medien wetterte, die von seiner angeblichen Verstrickung in den Spendenskandal berichten, sahen sich die beiden größten Journalistenverbände der Türkei mittlerweile genötigt, in Mitteilungen auf die immer akuter werdende Gefahr für die Presse- und Meinungsfreiheit hinzuweisen, die von Erdogans Attacken ausgehe. Der Verband türkischer Journalisten TGD bewertete die Aussagen Erdogans als Versuch, den Meinungspluralismus in der Türkei zu ersticken und wies auf das journalistische Berufsethos hin, wonach es die Pflicht eines Journalisten sei, Beeinflussungsversuchen zu widerstehen.

Der Vorsitzende des Verbands zeitgenössischer Journalisten CGD, Ahmet Abakay, sagte gegenüber Bianet, dass es die Pflicht Erdogans sei, das zu tun, was die Dogan Holding getan habe, nämlich sich an der Aufklärung des Falles zu beteiligen.

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"Man muss die Rhetorik von der realen Welt unterscheiden"

Der Botschafter a.D. Volkan Vural hat in einem Interview mit der Zeitung Taraf die Beziehungen zwischen der Türkei und Armenien bewertet. Vural gilt als einer der erfahrensten Diplomaten der Türkei. Während des Zusammenbruchs der Sowjetunion und der daraus folgenden Unabhängigkeit Armeniens war er türkischer Botschafter in Moskau, später türkischer Botschafter in Deutschland.

Den Besuch Güls in Armenien bewertet Vural insbesondere für den armenischen Staatspräsidenten als riskant. In Armenien herrsche eine Türkei-Neurose, und eine Einladung an einen türkischen Staatspräsidenten könne in Armenien einen hohen Preis kosten. Als Beispiel wies Vural auf den ehemaligen armenischen Präsidenten Ter Petrossian hin, der Beziehungen mit der Türkei aufnehmen und den Konflikt um Berg-Karabach lösen wollte. Dies habe ihn seine politische Karriere gekostet. Er glaube jedoch, dass ein Großteil der Armenier trotz aller Bedenken Beziehungen mit der Türkei wünschten und insbesondere die Öffnung der Grenze zur Türkei befürworteten.

Die "vergangenen Ereignisse", womit der armenische Vorwurf des Völkermords durch die Osmanen gemeint ist, seien nach Vurals Meinung jedoch nicht allein durch Historiker zu bewerten. Hier spielten vor allem politische und psychologische Faktoren eine Rolle. Schließlich sei es das Ziel, beiden Völkern die Möglichkeit zu geben, einander wieder mit aufrichtiger Zuneigung und Respekt zu begegnen. Dies könne man von der Geschichtswissenschaft jedoch nicht erwarten. Hier sei die Politik gefragt das zu bewerten, was Historiker zutage beförderten.

Auf die Frage, ob Güls Besuch der Anfang eines Normalisierungsprozesses zwischen der Türkei und Armenien sein könne, sagte Vural, dass er dies erwarte und erhoffe. Beide Staaten müssten nun zügig diplomatische Beziehungen aufnehmen, diplomatisches Personal in das jeweils andere Land entsenden, und schließlich den Grenzübergang Alican, der lediglich 15 km von Erwian entfernt ist, öffnen. Viele Türken vergäßen, dass die Türkei sich seit der Unabhängigkeit Armeniens in Kontakt mit armenischen Stellen befinde. Er sei der erste Botschafter gewesen, der Armenien nach dessen Unabhängigkeit besucht habe. Der Patriarch der türkisch-armenischen Christen Schinorhk Kalustian war während eines Besuchs in Eriwan verstorben. Vural habe dem damaligen armenischen Staatpräsidenten eine Nachricht überbracht, wonach der Partiarch türkischer Staatsbürger war, und der türkische Staat bei seiner Trauerfeier und seiner Überführung in die Türkei jegliche Hilfe zu leisten bereit sei. Er habe dies auf eigene Initiative getan, und gemeinsam mit seiner Ehefrau an der in Moskau statt findenden Trauerfeier teilgenommen.

Dass die Türkei nach dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion mit jedem Nachfolgetaat außer mit Armenien diplomatische Beziehungen aufnahm, empfand Vural als vertane Chance. Einige Kreise aus dem Auswärtigen Amt der Türkei hätten solche Bestrebungen, die der damalige Präsident Özal befürwortete, vereitelt. Die Unabhängigkeitserklärung Armeniens sowie dessen Verfassung seien diesen Kreisen ein willkommener Anlass zur Vernachlässigung der türkisch-armenischen Beziehungen gewesen. In diesen Dokumenten wird zum eine das Propagieren des Völkermords der Osmanen an den Armeniern als nationale Pflicht beschrieben, zum anderen wird "West-Armenien", gemeint ist die Osttürkei, als zum Staatsterritorium zugehörig beschrieben. Volkan Vural behauptet jedoch, dass ihm Alternativen zu diesen Dokumenten vorgelegen hätten. Hätte die Türkei schon damals diplomatische Beziehungen mit Armenien gehabt, hätte man in diesen Angelegenheiten intervenieren können. Man müsse die Rhetorik von der realen Welt unterscheiden. Selbst wenn einige Kreise in Armenien von "Groß-Armenien" träumten, dürfe sich ein Staat wie die Türkei nicht davor fürchten, mit seinem Nachbarn in Kontakt zu treten. Die Zahl der türkischen Soldaten entspreche der Gesamtbevölkerung Armeniens, folglich gebe es keinen berechtigten Grund zur Furcht.

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