Freitag, 12. September 2008

Der Streit zwischen Doğan und Erdoğan dreht sich um eine Raffinerie

Der Wissenschaftler Aşkın Süzük von der Gewerkschaft Petrol-Iş klärt über die Hintergründe des Streits zwischen Ministerpräsident Erdoğan und dem Vorsitzenden der Doğan-Holding Aydın Doğan auf. Um in Ceyhan, dem vorläufigen Endpunkt der Pipeline Baku-Tiflis-Ceyhan (BTC), eine Raffinerie zu errichten braucht es ein sehr großes Areal. Die halbstaatliche Agentur TPAO besitzt in Ceyhan ein solches Grundstück. Die der Regierung nahestehende Çalık-Holding wolle dieses Grundstück unbedingt haben, weswegen die Doğan-Holding, die ebenfalls eine Raffinerie errichten will, panisch reagiere.

Die in Ceyhan bei Adana zu errichtenden Raffinerien könnten 40 Prozent des Kraftstoffbedarfs der Türkei decken, was der momentan importierten Menge an Kraftstoff entspricht. Laut Süzüks Aussagen gegenüber Bianet versuche die Çalık-Holding die TPAO in ihr mit der Indian Oil geplantes Raffinerien-Projekt zu integrieren. Von Zeit zu Zeit abgegebene Verlautbarungen führender TPAO-Offizieller legten den Eindruck nahe, dass dies auch geschehen werde.

Der Grund für die Bemühungen der Çalık-Holding um ein Engagement der TPAO ist laut Süzük die für die Errichtung der Raffinerie geeignete Fläche, die der TPAO in Ceyhan gehört. Wenn der Çalık-Holding, deren Geschäftsführer der Schwiegersohn des Ministerpräsidenten ist, das Joint-Venture gelinge, hätte es eine dem Staat gehörende Fläche umsonst gewonnen, so Süzük. Dies sei der Grund für die öffentlich ausgetragenen Animositäten zwischen Ministerpräsident Erdoğan und Aydın Doğan. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AKP Dengir Mir Mehmet Fırat hatte behauptet, dass die Dogan-Holding für ein solches Gelände nichts habe zahlen wollen. Die der Doğan-Holding gehörende "Petrol Ofisi" hingegen weist darauf hin, dass man einer von vier Interessenten sei, und sich jedes Angebot im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften befunden habe. Aydın Doğan wiederum behauptete, dass der Ministerpräsident ihm gegenüber gesagt habe, dass man Çalık "ein Versprechen gegeben" habe.

Es sei laut Süzük deswegen so lukrativ, in Ceyhan eine Raffinerie zu errichten, weil Ceyhan als Endpunkt der BTC-Pipeline zu einem einzigartigen Energie-Terminal werde. Süzük weist jedoch darauf hin, dass die BTC-Pipeline bis nach Israel verlängert werde. Zwar habe Minister Hilmi Güler dies verneint, jedoch gebe es Verträge mit Israel über die Errichtung von Infrastrukturen für eine Wasser-, Erdgas- und Erdöl-Pipeline zwischen den beiden Ländern. Wenn Israel an die BTC angeschlossen sei, werde Ceyhan einen Großteil seiner jetzigen Attraktivität verlieren, so Süzük.