Mittwoch, 4. Juni 2008

Neue Umfrage zum türkischen Wählerverhalten

Das schweizer Bankhaus Crédit Suisse hat beim türkischen Meinungsforschungsunternehmen A&G Research eine Umfrage zum Wählerverhalten in Auftrag gegeben.

Die Umfrage, die in 33 türkischen Regionen durchgeführt wurde und an der 2.386 Personen im wahlfähigen Alter teilnahmen, zeigt, dass im Falle eines politischen Betätigungsverbotes für Ministerpräsident Erdogan 39% der AKP-Stammwähler nicht mehr für eine AKP-basierte Partei votieren würden. Bei der obligatorischen Sonntagsfrage ("Welche Partei würden Sie wählen, wenn nächsten Sonntag Parlamentswahlen wären?") kam die AKP auf 39,7% im Vergleich zu den ca. 47%, die sie bei den letzten Wahlen erzielen konnte.

Die treuesten Wähler hat die DTP, die traditionell von Kurden favorisiert wird. Die Stammwähler der AKP würden zu 59,1% die Partei erneut wählen. Bei der CHP liegt der entsprechende Prozentsatz bei 61,6%, bei der MHP bei 76,4% und bei der DTP sogar bei 95%.

Auf die Frage, ob die Regierung insgesamt erfolgreich gewesen sei, antworteten die Befragten insgesamt zu 47,3% mit "Nein", zu 29,2% mit "Ja", und zu 23,5% mit "Weiß nicht". Von den AKP-Wählern fanden 54,5% die Regierungsarbeit erfolgreich, 19,9% erfolglos. CHP-Wähler fanden die Arbeit zu 79,8%, MHP-Wähler zu 65,1% erfolglos. Fragte man nach dem Erfolg, bzw. Mißerfolg der Opposition, so antworteten die Befragten zu 71,5% mit "Die Opposition war erfolglos", lediglich 8,1% empfanden die Arbeit der Oppositionsparteien als erfolgreich. MHP-Wähler stuften hierbei die Opposition zu 82,2%, CHP-Wähler zu 62% als erfolglos ein.

Bei der Frage, ob Staatspräsident Abdullah Gül im Fall eines AKP-Verbots zurücktreten solle, antworteten insgesamt 59,7% mit "Nein", 30,8% mit "Ja", der Rest war unentschieden. Von denen, die bei der Sonntagsfrage für die AKP stimmen würden, sind 90,7% für einen Verbleib Güls in der Staatsspitze.

Das Wählerprofil der Parteien im Kurzüberblick:

Bei der AKP und der CHP überwiegen die weiblichen Wähler, die restlichen Parteien haben hingegen eher männliche Wähler. Die MHP hat die meisten männlichen Wähler.

Erzielt die AKP bei der Gruppe der 28- bis 43-jährigen die höchsten Ergebnisse, so liegt das entsprechende Wählersegment der MHP bei den unter 27-jährigen. Die CHP hingegen erzielt bei den über 44-jährigen überdurchschnittliche Ergebnisse.

Mit steigendem Bildungsgrad verliert die AKP an Stimmen, die CHP hingegen gewinnt Stimmen hinzu. Während die AKP bei Grundschulabsolventen und noch tiefer liegenden Bildungsschichten überdurchschnittlich abschneidet, sorgen bei der CHP Hochschulabsolventen für überdurchschnittliche Ergebnisse.

Entgegen der in Europa verbreiteten Annahme, dass die AKP die Partei der ominösen "neuen Mittelschicht" sei, sind es die unteren Einkommensschichten, die überproportional für die AKP votieren. Die CHP ist bei den höheren Einkommensschichten am stärksten. Die Mittelschicht (gemessen am Einkommen) tendiert hingegen verstärkt zur MHP.