Die Große Preis der Türkei ist, so viel sei vorweg genommen, eine der größten Dummheiten, die sich die Türkei selbst beschert hat.
Alles fing damit an, dass ein paar aufgeweckte Männer eine Firma mit dem Ziel gründeten, die Formel 1 in die Türkei zu holen. Diese Männer haben es mit ein paar gefälschten Statistiken geschafft, die türkische Öffentlichkeit von der insbesondere wirtschaftlichen "Notwendigkeit" dieses Unterfangens zu überzeugen. Dabei war ihnen damals schon klar, dass die an der Rennstrecke zu erzielenden Einnahmen nicht einmal für den Unterhalt des Parcours genügen würden. Trotzdem gelang es, der für kreative Geschäfte aller Art offenen Istanbuler Handelskammer ITO sämtliche Ausgaben für die Projektphase aufzubürden. Nachdem man auch den demaligen Staatssekretär im Ministerpräsidialamt Mehmet Ali Şahin und Finanzminister Kemal Unakıtan eingelullt hatte, war es nicht mehr schwer, auch Ministerpräsident Erdogan zu überzeugen.
Durch diese Unterstützer wurde es möglich gemacht, dass die Generaldirektion für Stiftungen dem Bauträger ITO ein 2000 ha großes Grundstück in Pendik zur Verfügung stellte, welches eigentlich für den Bau einer Universität gedacht war. Die Minister Şahin und Unakıtan waren so übereifrig bei der Sache, dass sie die Türkei ohne ausreichende Kalkulationen dazu verpflichteten, der Formula One Association bis zum Jahr 2011 die Summe von US$ 94,5 Mio. zu zahlen und im Falle eines Verzuges am Bau für die Konventionalstrafe von US$ 25 Mio. aufzukommen.
Nun zurück zur ITO. Die Kosten für die Rennstrecke wurden mit US$ 60 Mio. veranschlagt. Der Vorsitzende der ITO, Mehmet Yıldırım, vergab die Bauaufträge ohne vorherige Ausschreibungen und kaum dass man sich versah, schossen die Baukosten auch schon ins Unermessliche. Selbst die ITO war somit am Ende ihrer finanziellen Mittel, so dass auf die Intervention des Ministerpräsidenten hin der Kammern- und Börsenverband TOBB sowie die Istanbuler Stadtverwaltung als Ko-Finanzierer ins Boot geholt wurden. Quellen, die der ITO nahe stehen, sprechen davon, dass sich die endgültigen Baukosten auf US$ 300-400 Mio. summiert hätten, die genaue Summe wisse jedoch niemand. Der Oberinspektor des Industrie- und Wirtschaftsministeriums hat gegen den ITO-Präsidenten Yıldırım Anzeige wegen Veruntreung erhoben. Selbiger Oberinspektor hat seine Anzeige vor kurzem einfach so zurückgezogen, schließlich werden Yıldırım politische Ambitionen nachgesagt.
Auch die restlichen Versprechen der Organisatoren haben sich als echte Luftnummern entpuppt: Zuerst hieß es, dass 150.000 ausländische Besucher zu den Rennen kommen würden, um in dieser Zeit US$ 85 Mio. in der Türkei zu lassen. Mittlerweile sieht man jedoch, dass nicht einmal 15.000 ausländische Gäste kommen, die keine US$ 1,5 Mio. an Devisen in der Türkei lassen.
Die türkische Regierung hat mittlerweile veranlasst, dass die Rennstrecke an die Formula One Association für ca. US$ 3 Mio. pro Jahr verpachtet wird, da man sie selber nicht kostendeckend hat bewirtschaften können. Die türkische Regierung zahlt über die halbstaatlichen Organisationen ITO und TOBB an die gleiche Organisation jährlich US$ 13,5 Mio., um die Rennen überhaupt in der Türkei austragen zu können.
Dienstag, 13. Mai 2008
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