Einer der wichtigsten Geichtsprozesse der türkischen republikanischen Geschichte, der Prozess um das illegale „Ergenekon“-Gebilde, beginnt heute im Hochsicherheitsgefängnis von Silivri bei Istanbul.
Die als „Ergenekon“ bezeichnete Gruppe, der neben Ultranationalisten auch ehemalige ranghohe Militärs, Politiker, Journalisten und Akademiker angehören sollen, wird heute vor Gericht gestellt. 46 der insgesamt 86 Beschuldigten sind inhaftiert. Da der Gerichtssaal mit Angeklagten, deren Anwälten sowie Prozessbeobachtern hoffnungslos überfüllt war hat das Gericht zunächst darüeer beraten, ob nicht zunächst nur die inhaftierten Beschuldigten vernommen werden sollen. Darauf hin protestierten die Anwälte der auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten. Das Gericht berät zur Stunde über die weitere Verfahrensweise.
Die Anklage wird durch die Staatsanwälte Mehmet Ali Pekgüzel und Nihat Taşkın vertreten. Sollte das Gericht sich auf eine Prozedur geeinigt haben, werden zunächst die Personalien aller Beschuldigten aufgenommen. Danach wird die gesamte Anklageschrift verlesen. Dies kann nach Angaben von Beobachtern bis zu 40 Sitzungstage in Anspruch nehmen, die die Anlageschrift 2455 Seiten stark ist.
Der Prozess wird von türkischen und internationalen Beobachtern sowie der Presse genauestens beobachtet werden. Der britische Independent hat in einem heute erschienen Artikel geschrieben, dass sich die Anklageschrift wie ein Roman von Dan Brown lese. In der Tat sind in diesem Fall Verschwörungstheorien schnell bei der Hand.
Der Türkei bietet sich eine einmalige Gelegenheit, Klarheit über viele ungelöste Vorfällen der letzten vierzig Jahre zu gewinnen. Gleichwohl liefert sich die regierende AKP dem Verdacht aus, den Fall zum Vorwand zu nehmen, um regierungskritische Personen „unschädlich“ zu machen. Man darf gespannt sein, wie sich dieser einzigartige Lackmustest politischer Selbstreinigung gestaltet.
Montag, 20. Oktober 2008
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen