Freitag, 1. August 2008

Das AKP-Urteil und seine politischen Konsequenzen

Bei aller Erleichterung über den glimpflichen Ausgang des Verfahrens gegen die türkische Regierungspartei AKP darf eines nicht vergessen werden: Mit dem Urteil des türkischen Verfassungsgerichts sind die politischen No-Go-Areas für die AKP definiert.

So hat das Verfassungsgericht festgestellt, dass in der AKP anti-laizistische Kräfte am Werk sind. Da die Partei jedoch nicht als Zentrum bzw. steuernde Instanz einer solchen Bewegung identifiziert werden konnte, konnte sie einem Verbot gerade noch entgehen. Gleichwohl sind nun insbesondere jene Punkten, die der Generalstaatsanwalt beim Verfassungsgericht angemahnt und für ein Verbot als ausreichend betrachtet hatte, nunmehr offene Wunden der AKP.
Sollte die Partei auch in Zukunft durch ihren gewohnten Eifer bei den Themen Kopftuchfreiheit in Schulen, bildungspolitische Aufwertung von Absolventen der Imanm- und Vorbeterschulen sowie Verkaderung des Staatsapparates auffallen, wird Staatsanwalt Yalçınkaya wohl nicht damit zögern, ein erneutes Verbotsverfahren gegen die AKP anzustrengen.

Verfassungsgerichtspräsident Haşim Kılıç hatte bei der Urteilsfindung angemahnt, dass die Politk die Hürden für Parteienverbote höher legen müsse, um der Türkei ähnliche Phasen politischer Parese zu ersparen. Kılıç hat die mit der politischen Lähmung einhergehende Polarisierung am eigenen Leib erfahren müssen. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass seine Frau ein Kopftuch trägt, wurde er immer wieder zum AKP-Sympathisanten erklärt und vielfach unter der Gürtellinie angegriffen. Dass er der einzige Richter war, der sich klar gegen ein Verbot aussprach, wird es ihm in dieser Hinsicht nicht einfacher machen.

Mit seinem Appell an die Legislative war ein Aufruf an die politischen Parteien verbunden, den republikanischen und laizistischen Grundwerten aufrichtig verbunden zu sein.