Dienstag, 21. Oktober 2008

Türkisches Justizministerium bereitet ein "Hüseyin Üzmez"-Gesetz vor

In türkische Medien kursieren Berichte über die Tagung einer Kommission im Justizministerium, während der gefordert worden sein soll das Mindestalter für Eheschließungen von 17 auf 14 Jahre herabzusetzen, sexuelle Beziehungen mit Minderjährigen ab dem 14. Lebensjahr nicht mehr zu bestrafen und die Strafe für Vergewaltiger drastisch zu reduzieren, wenn diese ihre Opfer anschließend heirateen. Die absurden Vorschläge passen erstaunlich genau auf den Fall eines wegen Kindesmißbrauchs angeklagten islamisch geprägten Autor der erzkonservativen Zeitung „Vakit“.

Die Vorschläge seien von anwesenden Richtern gekommen, so die Teilnehmer der Konferenz. Das Argument der Richter: Die Familie werde geschädigt, wenn das Familienoberhaupt ins Gefängnis müsse. Dies solle durch die Vorschläge verhindert werden. An der Konferenz im Justizministerium nahmen Vertreter verschiedener NGOs, der Anwaltskammer, von Kinderschutzvereinigungen, Gerichtsmediziner und Beamte des Ministeriums teil.

Im Rahmen der Konferenz wurden Vorschläge geäußert, die darauf abzielen, einige der Reformmaßnahmen der türkischen Regierung im Rahmen der EU-Annäherung zurück zu nehmen. So wurde gefordert, die Strafe für Vergewaltiger zu reduzieren, wenn dieser sein Opfer ehelicht. Das Mindestalter für Eheschließungen solle von 17 auf 14 Jahre herabgesenkt werden. Die Strafen für sexuelle Beziehungen zu Minderjährigen soll, selbst im Falle deren Einverständnisses, erst ab dem Alter von 14 Jahren und darunter greifen. Die seinerzeit revolutionäre Heraufsetzung des Strafmaßes für Vergewaltigungen in der Ehe auf bis zu sieben Jahre Gefängnis soll nach dem Willen der Richter ebenfalls revidiert werden.

Das Justizministerium beeilte sich zu erklären, dass man nicht im Begriff sei, ein neues Gesetz vorzubereiten. Man habe lediglich verschiedene Parteien um deren Meinung gebeten. Die bei der Konferenz anwesende Anwältin und Kinderrechtlerin Türkay Asma fühlte sich nach eigenen Angaben unweigerlich an den Fall des islamisch-konservativen Autors Hüseyin Üzmez erinnert, der für die erzkonseravtive Zeitung „Vakit“ schrieb. Dieser wurde wegen sexueller Übergriffe auf eine 14-jährige vor Gericht gestellt. Die Staatsanwaltschaft fordert für ihn, ganz nach altem Recht, eine Gefängnisstrafe von 26 Jahren.