Donnerstag, 7. August 2008

Welches Deutschland meint Frau Sözen?

Die stellvertretende Parteivorsitzende der AKP Edibe Sözen hat einen neuen Gesetzentwurf zum Jugendschutz vorgestellt. Dieser sieht unter anderem vor, dass die Personalien von Käufern pornographischer Medien an Behörden weitergegeben werden. Diese Regelung stamme aus Deutschland, so Sözen.

Ferner sollen in jeder Schule Gebetsräume zur Verfügung gestellt werden. Der von Sözen vorgestellte Entwurf sieht vor, dass der Aufenthalt in Hotels ohne Begleitung der Erziehungsberechtigten erst ab 18 möglich sein soll. Für Jugendliche unter 16 Jahren soll der Aufenthalt in Restaurants und Bars zwischen 22 Uhr und 5 Uhr morgens untersagt werden. In Begleitung der Eltern soll der Aufenthalt in "Vergnügungsstätten" bis 24 Uhr erlaubt werden.

Um die gesunde körperliche und geistige Entwicklung Jugendlicher nicht zu gefährden, soll es Medien untersagt werden, Darstellungen, die sexuellen oder gewalttätigen Inhalt transportieren, zu verbreiten. Die Sanktionen sollen bis zum Entzug der Publikationserlaubnis reichen. Kritiker sehen hierin den Versuch, neue Spielräume für die Zensur unliebsamer Medien zu schaffen.

Der Entwurf sieht ferner vor, dass in jeder Schule Gebetsräume zur Verfügung gestellt werden. Von diesem Angebot sollen Anhänger jeder Religion profitieren können. Was das konkret für Schulen bedeutet, die muslimische, christliche und jüdische Schüler haben, sowie für Anhänger von Religionen, die in der Türkei nicht anerkannt sind, blieb unklar.

Sözen wies darauf hin, dass großer Handlungsbedarf im Bereich der Pornografie herrsche. So schlägt sie vor, dass die Käufer pornografischer Medien ihre Personalien bei der Verkaufsstelle hinterlassen und diese von dort an das Jugendamt weitergeleitet werden. Vor der Presse wies Sözen darauf hin, dass es in der EU verschiedene Lösungen für den Umgang mit diesem "Problem" gebe und verwies dabei auf Deutschland. In Deutschland werde dies über die Sozialversicherungsnummer erfasst. Wenn ein Jugendlicher in Deutschland pornografisches Material erwerbe, müsse er seine Sozialversicherungsnummer hinterlassen. Dies sei jedoch nicht so dramatisch, sondern sei vielmehr als eine Art Kundennummer zu verstehen.

Abgesehen von den knallroten Alarmleuchten, die einen mit der Aufschrift "Datenschutz" anspringen, widerspricht die Behauptung, dass in Deutschland Jugendliche unter 16 Jahren pornografische Medien erwerben können einschlägigen Bestimmungen zum Jugendschutz. Die Opposition bezeichnete den Entwurf als "private Fantasie von Frau Sözen". Die bestehenden Jugendschutzregelungen seien ausreichend, und müssten lediglich konsequenter umgesetzt werden.